Langfristige Mitarbeitendenbindung wird zum entscheidenden Hebel gegen den Fachkräftemangel: Darauf kommt es an!
Ein Beitrag von DDIM Partner Silvia Hänig // Hays AG
Echte Mitarbeitendenbindung ist heute weitaus mehr als ein gelegentliches Lob oder Schulterklopfen. In einer modernen Arbeitswelt geht es vielmehr darum, eine Kultur der Anerkennung aufzubauen. Welche Bindungsfaktoren dafür am wichtigsten sind, zeigt der HR-Report 2023 des Personalberatungsunternehmen Hays und dem Institut für Beschäftigung und Employability (IBE).
Anerkennung und Wertschätzung lauten die aktuellen Zauberworte, wenn es darum geht, was Unternehmen der Fachkräftenot sowie dem wachsenden Wechselwillen ihrer Beschäftigten entgegensetzen können. Im Zuge einer hybriden Arbeitspraxis verbringen Mitarbeitende heute einen Großteil ihrer Arbeitszeit am heimischen Rechner und nicht im Büro mit Team und Vorgesetzten. Aus diesem Grund fühlen sich viele ihrem arbeitgebenden Unternehmen gegenüber emotional nicht mehr verbunden. Zu dieser Erkenntnis kommt der HR-Report 2023 mit dem Schwerpunkt Mitarbeitendenbindung, für den Hays in Zusammenarbeit mit dem Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) rund 1.000 Beschäftigte mit und ohne Personalverantwortung in der DACH-Region befragt hat.
Vereinbarkeit und Entlohnung verbessern
Unternehmen stehen unter Druck, das so schnell wie möglich zu ändern. Denn kommen sie diesem Verlangen nach möglichst viel Zuwendung nicht nach, sind die guten Kräfte schnell wieder weg. Dabei sind Initiativen zur Bindung von Mitarbeitenden für Unternehmen keineswegs Neuland. Bereits 2012/13 fragte der HR-Report dieses Thema schon einmal ab. Interessanterweise haben Faktoren wie ein positives Betriebsklima sowie eine marktgerechte Entlohnung über diese Zeit nichts an Relevanz eingebüßt. Damals wie heute sind sich die Befragten zudem immer noch einig darüber, dass man seine Leute nur binden kann, wenn man ihren persönlichen Vorstellungen davon, wie sie arbeiten und Karriere machen möchten, so weit wie möglich nachkommt. Echte Fortschritte zwischen Bedeutung und tatsächlicher Umsetzung von Bindungsmaßnahmen gab es allerdings nur beim flexiblen Arbeiten. Mehr als die Hälfte der Befragten betrachtet die Umsetzung hier als übererfüllt. Großen Nachholbedarf sehen die Befragten nach wie vor beim positiven Betriebsklima (82 Prozent), bei der marktgerechten Entlohnung (70 Prozent) sowie bei der Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben (52 Prozent).
Eine Kultur der Anerkennung aufbauen
Aber warum haben sich die Unternehmen in den letzten zehn Jahren eher halbherzig um die Zufriedenheit ihrer Mitarbeitenden gekümmert? Ein Grund ist sicherlich das Aufeinandertreffen wirtschaftlicher, technologischer und demographischer Entwicklungen. Konkret: Der Digitalisierungs-Push kam schneller als gedacht und sorgte mit zunehmender Arbeitskräfteknappheit dafür, dass bestehende Talentpools nicht mehr ausreichten. Mit dieser Entwicklung wurden Topkräfte zum knappen Gut und hatten mehr Wahlfreiheit, was Job und arbeitgebendes Unternehmen anbelangt. Das heißt, für Führungskräfte und Personalerinnen und Personaler kommt es heute vielmehr darauf an, dass sich jeder und jede einzelne in seinen bzw. ihren Leistungen anerkannt und wertgeschätzt fühlt. „Personalthemen rücken immer dann in den Fokus, wenn sie brennen“, ist Christine Krieger, Führungskraft und Branchenexpertin für Employee Lifecycle Management, überzeugt. „Wer heute erfolgreich auf das Konto der Mitarbeiterbindung einzahlen will, braucht eine tragfähige Organisationskultur. Deren Modernisierung ist allerdings kein Zwei-Jahres-Programm und präsentiert sich oft als Dilemma, bezogen auf die kurzfristigen Unternehmensziele.“ Ihrer Ansicht nach gehe es in unserer modernen Arbeitswelt vor allem darum, eine Kultur der Anerkennung als integralen Teil der Unternehmensstrategie zu sehen und aufzubauen, anstatt Werte nur in gutgemeinten Papieren zu dokumentieren. Moderne Mitarbeitendenbindung müsse sich daran messen lassen, ob sie in allen Erwerbsphasen spürbar wird. Erst dann würde es mit der Loyalität – vom Recruitment bis zum Offboarding – wirklich klappen.
Karrierewege gleichwertig betrachten
Wie sich das – zumindest in Teilen – in die Praxis umsetzen lässt, weiß Martin Seiler. Er ist Vorstand Personal und Recht der Deutschen Bahn AG und verantwortet die Arbeitskräftesicherung von jährlich rund 200.000 Mitarbeitenden. „Der Bindung von Mitarbeitenden kommt bei uns eine zentrale Bedeutung zu. Wichtigster Faktor ist dabei die Personalentwicklung.“ Dafür hat sein Bereich das DB-Generationenmanagement eingerichtet. Es sensibilisiert die zuständigen Verantwortlichen für die spezifischen Erwartungen und Bedürfnisse der Beschäftigten, die in vier Mitarbeitenden-Generationen unterteilt werden: Babyboomer, Generation X, die Millennials sowie die Generation Z. „So gibt es etwa auf die jeweilige Generation zugeschnittene Karriere- und Entwicklungsprogramme.“ Ein Schritt, der vor allem deshalb wichtig ist, damit sich Talentmanager ein genaueres Bild von den alterstypischen Bedürfnissen ihrer internen Zielgruppe machen können. Schließlich gibt knapp die Hälfte der Befragten des Reports an, keinerlei zielgruppenspezifische Maßnahmen einzusetzen. Lediglich 20 Prozent segmentieren ihr Bindungsinstrumentarium nach Positionen. Wobei Titel und Karrierebegriffe, die sich allein auf den hierarchischen Aufstieg beziehen, ihrer Meinung nach längst aus der Zeit gefallen sind. Ganze 48 Prozent gewichten demgegenüber die Gleichwertigkeit von Fach-, Projekt-, und Führungslaufbahn als förderlich für die Mitarbeitendenbindung auf allen Ebenen. Das hat auch das Team um Martin Seiler erkannt: „Mittlerweile betrachten wir die Führungs-, Fachexperten- und Projektleitungskarrieren gleichwertig. Denn ich bin der Überzeugung, dass alle unsere Mitarbeitenden Potenzial haben.“ Mit dieser Einstellung liegt Seiler voll im Trend und sorgt gleichzeitig dafür, dass das Thema Mitarbeitendenbindung innerhalb eines Großkonzerns noch praktikabel bleibt.
Persönlicher Austausch schafft Anerkennung
Dennoch: Allein mit dem Aufbrechen gängiger Karriereschubladen sowie der Einteilung der Mitarbeitenden anhand von Generationen-Cluster ist es nicht getan. „Ein ganz wesentlicher Teil der Bindung ist der menschliche Kontakt“, weiß Christine Krieger. Hier sind besonders die Führungskräfte gefragt. Sie können dafür sorgen, dass Mitarbeitende trotz innerer Wechselabsichten bleiben. Gerade in Krisenzeiten, in denen von allen Beschäftigten viel abverlangt wird, ist das besonders essenziell. Vorgesetzte, die die Leistung ihres Teams würdigen, sich Zeit nehmen und bei allen Anliegen fair bleiben, wirken damit direkt auf eine nachhaltige Bindung ein. Das bestätigen ebenfalls die Aussagen des HR-Reports. „Oft wird allerdings genau das Gegenteil praktiziert. Da werden beispielsweise Team-Events, die goldwert für den persönlichen Austausch sind, unverhofft gestrichen. Oder Mitarbeitende werden mit einer kaum stemmbaren Arbeitslast allein gelassen. Wertschätzung sieht anders aus“, so Krieger.
Es reicht nicht mehr aus, für möglichst viele Beschäftige eine Bindungsmaßnahme zu entwickeln, die dann aber nur von einem Bruchteil genutzt wird, da sich alle übrigen davon nicht angesprochen fühlen. Zu individuell und zu vielfältig sind die Lebens- und Arbeitspläne der Mitarbeitenden. Wer im Kampf um die besten Talente langfristig im Spiel bleiben will, sollte das beherzigen. Andernfalls werden Mitarbeitende gehen oder dazu übergehen, ihre Anerkennung und Wertschätzung außerhalb der Firma zu suchen.
Mitarbeiterbindung von heute, nicht von gestern!
Aktuell drängen neue Generationen auf den Arbeitsmarkt. Neue Generationen mit neuen Werten, Bedürfnissen und Vorstellungen. Nicht alles, was wir über Mitarbeiterbindung zu wissen glaubten, ist noch aktuell. Ein Beispiel: Während für die Bindung sogenannter Babyboomer noch eine Art moralische Verpflichtung dem arbeitgebenden Unternehmen gegenüber oder nüchterne pragmatische Abwägungen im Mittelpunkt standen, rücken zunehmend Faktoren wie emotionale Bindung an die Organisation und die Sympathie für Führungskräfte in den Mittelpunkt.
Mehr erfahren Sie im HR-Report 2023!
Silvia Hänig versteht sich als Communication & Employer Relations Expertin. Als erfahrene Managerin begleitet sie Entscheider und Entscheiderinnen national und international tätiger Unternehmen/NGOs dabei, in komplexen Situationen erfolgreich strategisch zu kommunizieren: Kommunikation ist für iKOM das zentrale verbindende Element für das Zusammenspiel Reputation, Wachstum und Transformation.
Als einer der weltweit führenden Personaldienstleister rekrutiert Hays hoch qualifizierte Spezialisten für den privaten und öffentlichen Sektor. Anspruch des Providers ist es, Kunden und Spezialisten passgenau und zuverlässig zusammen zu bringen. Durch proaktives Rekrutierungsmanagement kennt der Vermittler die richtigen Experten bereits, wenn Kunden Spezialisten suchen. Für Kandidaten verfügt Hays über enge Kontakte zu renommierten Unternehmen – vom erfolgreichen Mittelständler bis zum großen Konzern – und kann exakt die Positionen und Projekte vermitteln, die den Kunden voranbringen. Kandidaten profitieren von den flexiblen Arbeitsmodellen, ganz gleich, ob in Festanstellung, als Freiberufler oder im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung.