Brexit und Automobilindustrie: Handlungsfelder für das Interim Management

Text: Dietmar von Polenz
„Fog in the Channel – Continent isolated!“ war eine berühmte Schlagzeile der TIMES zur Zeit des Empire, als der Fährbetrieb blockiert und Seekabel die einzige Verbindung zum Kontinent Europa waren. Durch zwischenzeitliche Erfindungen wie Funk, Radar, Kanaltunnel, Flugzeuge usw. in einer hoch integrierten Wirtschaft mit einem gemeinsamen Europäischen Markt erschien dieser berühmte Satz nur noch als Reminiszenz an britischen Humor. Doch am 23.6.17 zog Nebel in die Köpfe mit einem „mindset“ der Isolierung vom Kontinent, als 51,9% der Briten für den Austritt aus der EU („Brexit“) stimmten. Der ungewohnte Zwang zur Koalitionsbildung nach den Parlamentswahlen vom 8.6.17 lässt die Verhandlungsposition des im Moment nicht sehr vereinigten Königreichs unklar erscheinen.

Nach Artikel 50 EU-Vertrag von Lissabon muß der Austritt exakt 2 Jahre nach offizieller Erklärung der Regierung des Vereinigten Königreichs, also bis zum 28.03.2019 vollzogen sein. Nach dem Brexit enden zwischen der EU und UK die 3 Grundsäulen der EU-Verträge, die in einem gemeinsamen Markt und einem gemeinsamen Rechtsraum die freie Bewegung von Personen, Gütern, Dienstleistungen und Kapital vorsehen.

Folgen sind disruptive Veränderungen für viele europäisch hoch integrierte Branchen wie Automobilbau, Flugzeugbau, Maschinenbau, Elektronik, IT, Finanzwirtschaft.
Am Beispiel der stark verflochtenen Automotive-Industrie werden die wichtigsten Auswirkungen und die Chancen für Interim Management bei deren Bewältigung dargestellt.

Grundannahmen des Brexit
Drei grundsätzliche Forderungen waren Grundlage der Volksabstimmung vom 23.6.17 und des Versprechens eines „hard Brexit“ durch die Premierministerin in Folge und im Wahlkampf für Juni 2017:

1. Austritt aus dem Europäischen Binnenmarkt, der in UK heute „single market“ genannt wird und nicht etwa „common“ wie früher als direkte Übersetzung unseres Begriffes „gemeinsamer Markt“.

2. Kontrolle über den Arbeitnehmer-Zuzug aus EU-Ländern, was dem Grundsatz der Freizügigkeit des Arbeitsmarkts in der EU widerspricht.

3. Ende der Maßgeblichkeit europäischer Gesetzgebung und des EuGH für das Vereinigte Königreich.

Da dies Grundwerte der Europäischen Union in Frage stellt, wird ein „soft Brexit“ unwahrscheinlich, da Verträge und Abkommen sowie Präferenzen gegenüber Drittländern nie einseitig sein können. Die in UK vom Parlament verabschiedete Great Repeal Bill sieht vor, daß am 29.3.2019 zunächst alle in der EU für das Vereinigte Königreich geltenden europäischen Verordnungen und Gesetze übernommen werden in das britische „domestic statute book“ und damit solange weiter gelten, solange nicht das britische Parlament ein anderes nationales Gesetz beschließt. Dies kann überall dort nicht funktionieren, wo durch die Repeal Bill übernommene Gesetze auf Entscheidungen oder Regelungen von EU-Institutionen oder Gesetzen referenzieren, die nach dem Brexit keinen Einfluß mehr in UK haben oder die explizit schon vom Parlament für UK geändert worden sind. Es ist zu erwarten, daß zeitgleich – und eventuell im Vorgriff – zu den laufenden Verhandlungen die britischen Parlamente schon Gesetze vorbe-reiten, die mit dem Brexit-Datum 29.3.19 in Kraft treten. Da während der zweijährigen Verhandlungen nicht prognostizierbar ist, welche Gesetze zum Stichtag geändert werden und welche nicht, sind im Vorfeld Verträge und Genehmigungen zu untersuchen, die nach gesetzlichen Änderungen in UK betroffen sind oder gar ungültig werden. Hier können Rechtsanwälte und rechtlich erfahrene Interim Manager Bedarfsspitzen decken und die zu verändernden Geschäftsmodelle und Verträge entwerfen und umsetzen.

Hoch integrierte Automobilwirtschaft
Nach Angaben des Europäischen Automobilhersteller Verbands ACEA werden 6,5% des BIP und 12,2 Mio. Arbeitsplätze durch die Automobilindustrie erbracht in ca. 300 Fabriken für Fahrzeuge und Komponenten. Im Jahr 2016 sind 1,8 Mio. Autos in UK hergestellt worden, von denen die Hälfte in die EU exportiert wurde. Vom Kontinent wurden 2.4 Mio. Autos nach UK importiert. 80% des britischen Auto-Teileexports von € 3,9 Mrd. gehen in die EU, aus der EU werden Teile von € 11,6 Mrd. für Montagefabriken und Verbraucher im Aftermarket importiert. Bei sehr ausgefeilten Länderübergreifenden Lieferketten mit JiT und JiS (just in time and sequence) werden Zölle, Zollabwicklung, verlängerte Transportzeiten und Bürokratie zu empfindlichen Mehrkosten führen und die Wettbewerbsposition britischer Lieferanten und Käufer verändern. Falls WTO-Zollsätze Anwendung im Hard Brexit finden, sind 10% für Personenwagen und 3-4% für KfZ-Teile zu bezahlen. Dieser in kurzer Zeit zu bewerkstelligende Übergang von alten zu neuen Lieferquellen in einem veränderten Wettbewerbsumfeld wird Interim Manager benötigen mit Expertise im Einkauf, Logistik, Qualitätsmanagement, Lieferantenmanagement und Sanierung bei den Unternehmen, deren Preise und Produkte nach Ende des Binnenmarkts in UK nicht mehr konkurrenzfähig sind.

Technische Desintegration
Gemeinsame europäische Typzulassungen und Homologierungen, Normen, Abgasregeln, Verbrauchsgesetze, Umweltanforderungen, Datenschutz, Verbraucher-Rechte u. v. m. werden für UK nicht mehr gelten und eigene Zulassungsverfahren und Homologierungs-Voraussetzungen in beiden Richtungen für Fahrzeuge und Systemkomponenten erfordern. Europäisches Patentrecht und EU-Patentgerichtsentscheidungen verlieren in UK Gültigkeit. Mittelfristig ist eine separate Prüfung und Erteilung von Patenten in UK zu erwarten. Es wird sich lohnen, schon jetzt vorab durch Patentanwälte und technisch versierte (Interim)Manager zu prüfen, welche Patente neue Schutzmaßnahmen in UK erfordern und welche Zulassungsvorraussetzungen aus ECE EU-Vorschriften in zu definieren-dem UK-Recht neu nachgewiesen und zur UK-Freigabe beantragt werden müssen, um den Marktzugang in beiden Richtungen zu erhalten.

Local Content und tarifäre Veränderungen
Bisher zählen alle in der EU hergestellten Teile bzw. passiv veredelte Teile zum EU Local Content des Fahrzeugs bei einem Export über die EU Außengrenzen. Die Einfuhr-Konditionen zu den Zielstaaten des Exports regeln zur Zeit 38 Handelsabkommen der EU, die das Vereinigte Königreich bis 29.3.19 zusätzlich zum Abkommen mit der EU neu verhandeln muß, wenn britische Autos und Teile nach Wirksamwerden des Brexit nicht nach höheren WTO Sätzen (10% auf cbu Fahrzeuge, 10 – 22% für Nutzfahrzeuge, 3 – 4% auf Teile und Teilesätze) verzollt werden sollen. Nach dem Brexit verlieren aus UK bezogene Teile den EU Herkunftstatus und können nicht mehr dem EU-Wertschöpfungsanteil zugerechnet werden, sodass sich beim Export in Drittländer der Zollsatz und die Anrechenbarkeit zur passiven Veredelung (Anrechnung der Importe aus dem Land, in die das Fahrzeug exportiert wird) verändert.

Auch ist möglich, daß ein in Großbritannien endmontiertes Fahrzeug dann nicht als britisches Fahrzeug vom Drittland eingestuft wird, wenn der Teileimport aus Europa zu hoch und der britische Wertschöpfungsanteil zu niedrig ist. Bei einem Import von Automotive Teilen und Komponenten nach ACEA-Angaben von € 11,6 Mrd. aus der EU gegenüber einem Export von € 3,9 Mrd. (70% des Gesamt Autoteile-Exports) in die EU sowie einem von PwC Autofacts berechneten durchschnittlichen Local Content von 40% bei britischen Fahrzeugen, kann diese Einstufung durchaus vorkommen.

Investitionen in UK werden schon heute mit einem Risikozuschlag für die tarifären und administrativen Mehrkosten des Brexit sowie die Wechselkursentwicklungen gegenüber EU-Standorten in der Zielrendite beaufschlagt, die als „hurdle rate“ Standortnachteile auf der Insel schon heute reflektiert und schon zum Rückgang der Investitionen der Autobranche auf der Insel geführt hat. Unternehmen mit starker Verflechtung ihrer Supply Chains mit UK sollten daher wie die besonders eng über den Kanal verflochtene BMW AG in jedem Produktions-Standort einen Beauftragten haben, der alle oben genannten Themen bewertet und Maßnahmen durchführt. Auf Grund der nicht einmal mehr auf 2 Jahre befristeten, aber keinesfalls Aufschiebbaren Aufgaben kann dies auch ein Interim Manager sein.

Menschen bestimmen die Automotive Zukunft
Es sind nicht nur die Politiker, die die Zukunft der Automobilindustrie in Europa und auf den Inseln bestimmen. Sondern auch die Konsumenten und Mitarbeiter des viertgrößten Automobilstandorts Europas, für den durch den Brexit ein Rückgang erwartet wird. Trotzdem ist Automobil für britische Regierungen keine maßgebliche Industrie wie Banken, Versicherungen, Nordseeöl, Chemie, Luft- und Raumfahrt. 3 Mio. Menschen aus der EU leben dauerhaft in UK und et-was über 1 Mio. Briten auf dem Kontinent, über deren Aufenthalts-Rechte verhandelt wird. In den Führungsetagen britischer Autohersteller und Entwicklungs-Dienstleister sitzt ein hoher Anteil deutschsprachiger Manager, die eine gute Ausbildung mitbringen und sich im harten Wettbewerb auf dem Kontinent bewährt haben. Junge Briten hatten sich durch die De-Industrialisierung seit der Thatcher-Regierung und dem Rückgang der britischen Automotive Industrie eher Richtung Finanzen und anderer Branchen orientiert oder berufliches Glück auf dem Kontinent gesucht.

Viele dieser langjährigen ausländischen Residents werden sich um doppelte Staatsbürgerschaften vor dem Brexit-Stichtag 29.3.19 bemühen. Für Expatriates mit typischen 3-Jahres Verträgen wird die Entwicklung der Verhandlungen genau zu beobachten sein. Auch für Interim Manager werden die rechtlichen Gegebenheiten bestimmen, ob sie kurzfristig auf der Insel einspringen können, wenn Aufenthaltsrechte von Stamm-Mitarbeitern enden, deren Erfahrung nicht von heute auf morgen ersetzt werden kann. Arbeitgeber sollten sich schon heute einen Überblick verschaffen, welche Mitarbeiter ab 2019 von neuen Bestimmungen betroffen sein werden. Auch dafür können HR-spezialisierte Interim Manager die Bedarfe klären und die Personalentwicklungsmaßnahmen anstoßen.

Doch auch die Briten selbst werden betroffen sein durch veränderte Kostenstrukturen, Marktattraktivitäten, Wechselkurseinflüsse und weitere Faktoren, die zu Umstrukturierungen und Arbeitsplatzverlusten führen dürften. Nicht nur Unternehmensberatungen haben eindeutige Wohlfahrts- und Kaufkraftverluste prognostiziert, sondern auch die Volkswirte
britischer Institutionen.

Konjunktureller Ausblick
Neben dem typischen Konjunkturzyklen der Automobilmärkte nach einigen Rekordjahren werden disruptive Veränderungen durch den Brexit kommen, die mit einer Mischung aus vorausschauender planmäßiger Vorbereitung und raschem Reagieren auf das noch offene Verhandlungsergebnis mit der EU gemeistert werden müssen. Da Interim Manager mehr als alle anderen Manager über Expertise, Flexibilität und Umsetzungsstärke verfügen, tun Sie gut daran sich, aktuell die Entwicklungen zu verfolgen und dann die akuten Lösungsbedarfe
zu befriedigen. Zeitgleich zum Brexit nimmt die Politik weltweit Einfluß auf die Branche durch Umweltgesetzgebung, Elektromobilitätsförderung und die Ankündigungen des amerikanischen Präsidenten zur weltweiten Handelspolitik und zur eng vernetzten Automobilwirtschaft mit Mexiko. Die NAFTA Thematik ist gesondert zu behandeln in einer nächsten Ausgabe. Denn Sie ist nicht mit 180 Twitter Zeichen abgetan, auch wenn Nebel am Rio Grande seltener vorkommt.

Dietmar von Polenz,
DDIM-Mitglied, ist Interim Manager seit 2009.

Als Inhaber der INTERIM[4]AUTOMOTIVE sind seineSchwerpunkte Entwicklung, Produktion und Serienanlauf-Management im In- und Ausland. Entsprechend der Vernetzung der Branche hatten 75% der Mandatsaufgaben direkten Lieferbezug zu OEM, 55% Auslandsbezug und 18% Elektromobilität als Auftrag.

INTERIM[4]AUTOMOTIVE
Rudolf Weisser Weg 18
D-70567 Stuttgart
Tel.: +49(0)151/2306 9184
polenz@interim4automotive.com
www.interim4automotive.com

Quellen:
ACEA Position Paper Brexit, Brüssel, April 2017; Bulletin 2017 der British Chamber of Commerce in Germany e. V., Berlin; PwC Autofacts Studie zitiert im Bulletin; “Legislation for the United Kingdom’s Withdrawal from the European Union”, Whitepaper of Department for Exiting the European Union, London , March 2017,

www.gov.uk/government/publications

BREXIT – Eine Chance für Interim-Manager?

Am Morgen des 24. Juni 2016 wurden die meisten Menschen in Europa von einer Nachricht überrascht, über deren Konsequenzen seitdem viel diskutiert wurde, jedoch bis heute nichts Konkretes bekannt ist. Das Volk Großbritanniens hatte am Vortag im Rahmen eines Referendums entschieden, das Land möchte aus der Europäischen Union (EU) austreten.

Text: Wilhelm Kapell und Paul Stheeman

Diese Entscheidung war nicht nur in Großbritannien unerwartet, auch in den anderen EU-Mitgliedsländern war man auf den Brexit (Britain + Exit = Brexit) nicht vorbereitet. Es gab ein paar sofortige Reaktionen. Premierminister David Cameron trat zurück und das britische Pfund fiel am ersten Handelstag nach dem Votum um 12% gegenüber dem US Dollar und fast genauso viel gegenüber dem Euro.

Seitdem sind neun weitere Monate vergangen aber viel ist in dieser Zeit nicht klarer geworden. Mit Theresa May wurde schnell eine Nachfolgerin für David Cameron gefunden. Und die britische Regierung hat im März gemäß Artikel 50 den Austritt Großbritanniens aus der EU formell erklärt.

Am 8. Juni haben die Briten zusätzlich durch eine vorgezogene Wahl ein neues Parlament gewählt, bei dem die Premierministerin Theresa May und Ihre konservative Partei die „Tories“ die absolute Mehrheit im Parlament verloren hat. Die „Tories“ sind nun auf einen Koalitionspartner angewiesen oder können eine Minderheitsregierung stellen. Dies erschwert Ihre Position bei den anstehen-den Brexit Verhandlungen mit der Europäischen Union.

Seitens der EU wird verlangt, dass die Verhandlungen in zwei Phasen ablaufen: Zunächst (P1) wären Fragen des Austritts zu klären, bevor die EU mit Großbritannien über die künftige Zusammenarbeit verhandeln wird (P2).
Aber alles andere bleibt bis heute ungewiss. Es gibt viele Debatten, ob es einen „Hard-Brexit“ (Austritt von GB aus der EU plus Austritt aus dem EU-Binnenmarkt) oder einen „Soft-Brexit“ (Austritt von GB aus der EU, aber Verbleib im EU-Binnenmarkt) geben soll. Es gibt Spekulationen über mögliche Handelsabkommen.

Prioritäten bei den Brexit Verhandlungen
Im Besonderen geht es bei den Brexit Verhandlungen neben der Klärung der Staatsfinanzen zwischen der EU und Großbritannien um die Klärung wichtiger Handelsfragen für den zukünftigen Dienstleistungs- und Warenverkehr, namentlich zu nennen sind hier:
– der freie Warenverkehr,
– der freie Kapital- und Zahlungsverkehr,
– die Dienstleistungsfreiheit,
– die Personenfreizügigkeit,
– Zoll- und Steuersätze,
– rechtlich verbindliche Standards,
– sowie weitere Aspekte.
Aktueller Status Quo im Vorfeld des Brexit
Wie groß die Auswirkung des Brexits auf die EU, Deutschland und auf Großbritannien selbst sein wird, zeigen einige statistische Zahlen.

  • 44% aller britischen Exporte im Wert von GBP 220 Milliarden gingen 2015 nach Europa (Quelle: HM Revenue & Customs),
  • Die Exporte der EU nach Großbritannien betrugen im gleichen Zeitraum sogar GBP 290 Milliarden (Quelle: HM Revenue & Customs),
  • Deutschland hat in 2016 Waren im Wert von 86,1 Mrd. € nach Großbri-tannien exportiert (31,5% Automobil, 10,5% Maschinenbau, 7,2% Pharma, 6,7% Elektronik/Datenverarbeitung, 6,6% Chemie, u.w.) und für 35,7 Mrd. € Waren aus Großbritannien importiert und dabei einen Exportüberschuss in Höhe von 50,4 Mrd. € erzielt (Quelle: Statistisches Bundesamt).
  • Ca. 4,5 Mio. Bürger sind vom Brexit im EU-Binnenmarkt und der bisherigen EU-Personenfreizügigkeit betroffen: EU-Bürger in UK (3,2 Mio. EU-Bürger leben in UK), UK-Bürger in der EU (1,2 Mio. Briten leben innerhalb der EU),
  • Innerhalb der EU gelten die Grundfreiheiten im EU-Binnenmarkt, für Personen, Güter, Dienstleistungen und Kapital; diese gelten nach dem Brexit für GB in der jetzigen Form nicht mehr.
  • Vom EU-Passporting mit Finanzprodukten sind direkt und indirekt 71.000 Arbeitsplätze im Finanzdienstleistungsgewerbe in der Londoner City und GBP 10 Mrd. an Steuereinnahmen des britischen Staates betroffen, dies entspricht ca. 2 % der jährlichen britischen Steuereinnahmen (Quelle: Financial Times v. 4.10.2016).
  • Großbritannien war in 2015 mit 11,5 Mrd. € der zweitgrößte Nettozahler in der EU (Deutschland: 14,3 Mrd. €). Im Rahmen der aktuellen Finanzperiode bis 2020 hat GB weitere vergleichbare Nettozahlungen zugesagt (Quelle: EU-Kommission u. FAZ v. 8.8.2016).

Allein diese Zahlen unterlegen, wie eng die Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU sind und dass ein Brexit Auswirkungen auf die gesamte EU und derer Bürger sowie auf die gesamte europäische Wirtschaft haben wird.

Vom Brexit besonders betroffen sind…
Betroffen sind neben der EU als Institution vor allem Unternehmen, nicht nur britische, aber genauso europäische, die entweder in den Handel oder die Produktion mit dem vereinigten Königreich eingebunden sind oder im Finanzdienstleistungssektor tätig sind.
Aufgrund des hohen Exportüberschusses Deutschlands gegenüber Großbritannien werden deutsche Exporteure (Automobil, Maschinenbau, Datenverarbeitung, Chemie und Pharma) von etwaigen zukünftigen Zöllen besonders tangiert werden.
Auf der anderen Seite kann Deutschland besonders von möglichen Investitionsverlagerungen zurück auf das europäische Festland profitieren. Gemäß einer aktuellen DIHK Umfrage planen von 9% der Unternehmen die Investitionen in UK haben, Ihre zukünftigen Investitionen zu verlagern und davon 53 % in Richtung Deutschland. (Quelle: DIHK Brexit Unternehmens Umfrage 2017)

Bislang ist nur eins klar. Die Wirtschaft wird sich auf Veränderungen einstellen müssen und viele Unternehmen fragen sich, ob sie die Kapazitäten haben, diese Veränderungen schnell zu erkennen und die notwendigen Maßnahmen einzuleiten, um den Brexit erfolgreich zu meistern.

In den Unternehmens Bereichen / Funktionen: Vertrieb, Einkauf, Produktion, Finanzen, Steuern und Treasury ist besonders mit betrieblichen Veränderungen zu rechnen. Es kann zu Verlagerungen von Betriebsstätten und zur Verlagerung der Handelsströme und des Kapitals kom-men, je nachdem wie sich Steuern, Zölle und Rechtsbeziehungen zwischen der EU und Großbritannien aufgrund der Brexit Verhandlungen entwickeln.
Hier werden sich Chancen und neue Projekte für Interim-Manager ergeben, die sich im Vorfeld mit dem Thema Brexit beschäftigen.

Auswirkungen des Brexit auf den Finanzdienstleistungssektor
Im Bereich der Finanzdienstleistungen benötigen Finanzintermediäre den sogenannten EU Passport zum Vertrieb Ihrer Produkte innerhalb der EU. Somit stehen Veränderungen in der Finanzdienstleistungsbranche an, da viele internationale Adressen (insbesondere anglo-amerikanische und asiatische Institute) bisher Ihr Europageschäft über London gesteuert haben und nun mindestens eine Filiale auf dem Kontinent benötigen um in den Genuss des EU-Passport zu kommen, respektive den aktuellen Status zu behal-ten.
Im Finanzdienstleistungsbereich kristallisieren sich aktuell vier Alternativstandorte ergänzend zur Finanzmetropole London heraus: Paris, Frankfurt, Dublin und Luxemburg.
Jeder der genannten Standorte hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Neben der bereits am jeweiligen Standort vorhandenen Finanzinfrastruktur punkten dabei für Paris: Livestyle und Flair, für Frankfurt: die EZB-Nähe und der Rhein-Main Flughafen, für Dublin: geringe Kosten und geringe Steuersätze und für Luxemburg: die bereits stark vertretene Fondsindustrie. Möglicherweise erhält auch jeder Standort einen Teil des zukünftigen Geschäfts, oder spezialisiert sich auf Teilbereiche.

Chancen durch den Brexit für Interim Manager
Interim-Manager die in den genannten Themenfeldern entsprechende Expertise vorweisen, können zu einem gefragten Partner für viele Unternehmen werden.

Der gesamte Zeitrahmen bis zum Vollzug des Brexit wird sich auf mindestens zwei Jahre erstrecken, es ist aber unwahrscheinlich dass bis dahin alle Themen geklärt sind. Somit ergeben sich für Interim-Manager die sich auf Teilbereiche der vom Brexit betroffenen betrieblichen Funktionen: Vertrieb, Einkauf, Finanzen, Steuern oder auf besonders betroffene Branchen: Automobil, Maschinenbau, Datenverarbeitung, Chemie und Pharma sowie die gesamte Finanzdienstleistungsbranche spezialisiert haben dauerhaft neue Auftrags-chancen. Ebenso gefragt sein werden Interim-Manager in der Funktion des Change Manager sowie Projekt-Manager.

Unternehmen werden sobald sich erste Verhandlungsergebnisse heraus kristallisieren gerne auf „Brexit-Spezialisten“ zurückgreifen bzw. sich von diesen während des Brexit begleiten und beraten lassen.

Über die DDIM-Fachgruppe Finance
Die DDIM-Fachgruppe Finance bietet innerhalb der DDIM ein branchenübergreifendes, kompetentes Team mit langjähriger Erfahrung in allen Finanzbereichen. Die Mitglieder sind Ansprechpartner innerhalb der DDIM zu Fachthemen für an-dere Interim Manager und branchenspezifische Fachgruppen. Geplant ist der Aufbau eines Wissenspools innerhalb der DDIM zum Thema Finance.

Mitglieder der Fachgruppe sind:
Paul Stheeman (Sprecher)
Ralf Haack (stellv. Sprecher)
Wilhelm Kapell
Dr. Irina Karsunke
Christoph Koch
Tanja Magnus
Frank Schneider
Andreas Wunder

Fachgruppe im Internet
Paul Stheeman (DDIM-Mitglied) ist nach langjähriger Treasuryerfahrung seit 2011 als Interim Treasurer tätig. Er berät Firmen, die eine internationale Treasuryfunktion aufbauen möchten. Seine Schwerpunkte sind Liquiditätsvorhersagen, Cash – und Devisenmanagement sowie Finanzierungsfragen.

Paul Stheeman STS Stheeman Treasury Solutions GmbH
Tel. +49 173 5209730
paul.treasury@stheeman.de

Wilhelm Kapell hat langjährige Erfahrungen in der Branche Banken und Finanzdienstleistungen. Als Interim Manager ist er insbesondere als Projektmanager oder auf der Geschäftsführungsebene tätig. Der aktuelle Focus liegt in Projekten im Bereich der regulatorischen Compliance und des Risikomanagements in internationalen Konzernen.

Wilhelm Kapell Kapell Consulting
Tel + 49 – 228 – 2861 5530
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