Steigende Anforderungen der Banken bei Kreditvergaben stellen Unternehmen vor neue Herausforderungen
Ein Beitrag von Oliver Böhm und Roland Kupka, CRESCAT Advisory GmbH
Die Beurteilung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens durch Banken wurde im Rahmen der Kreditvergabe seit jeher stets ausgesprochen retrospektiv gehandhabt. Dies soll sich nun ändern und stellt sowohl Kreditnehmer als auch Kreditgeber vor neue Herausforderungen.
Die Mindestanforderungen an das Risikomanagement („MaRisk“) für Banken wird novelliert werden. Die Veröffentlichung der Konsultationsfassung zu der 7. MaRisk Novelle zeichnet sich für den Sommer dieses Jahres ab – mit einer finalen Veröffentlichung der 7. MaRisk Novelle ist voraussichtlich im Spätherbst 2022 zu rechnen. Neben der Verankerung der Anforderungen der European Banking Authority („EBA-Leitlinien zur Kreditvergabe und Überwachung 05/2020“) zur Berücksichtigung der ESG-Faktoren (Environmental, Social, Governance) im Kreditgeschäft wird hierzu auch der Aspekt der Sensitivitätsanalyse bei zukünftigen Kreditwürdigkeitsprüfungen der Kreditinstitute gehören.
Im Zuge der Prüfung der Kreditwürdigkeit und „Kreditvergabe an mittlere und große Unternehmen“ erwartet die EBA, dass die Institute bewerten, inwieweit der Kreditnehmer gegenwärtig und künftig in der Lage ist, die Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag zu erfüllen. Hierbei sollen unter anderem die Finanzlage, die Organisationsstruktur, das Geschäftsmodell, die Strategie und auch sämtliche finanzielle Verpflichtungen des Kreditnehmers berücksichtigt werden.
Neben der aktuellen und projizierten Finanzlage, der Kapitalstruktur, dem Nettobetriebsergebnis, der Dividendenpolitik und der Quelle der Schuldendienstfähigkeit soll insbesondere auch der Free Cash Flow für den Schuldendienst („Free Cash Flow for debt servicing“) analysiert werden.
Die Analysen müssen den Einfluss potenzieller negativer Bedingungen – Marktereignisse (wie Konjunkturabschwung, Veränderung des politischen, regulatorischen und geografischen Risikos, Erhöhung der Finanzierungskosten) und kreditbezogene Ereignisse (Umsatz/-Margenrückgang, operativer Verlust, Ausfall wichtiger Handelspartner, erhöhte Verschuldungsgrade) – während der Laufzeit des Darlehensvertrages auf die Tragfähigkeit der Finanzlage und somit Kreditwürdigkeit des Kreditnehmers aufzeigen sowie insbesondere die Machbarkeit der künftigen Rückzahlungsfähigkeit bewerten. Bei Hereinnahme von Sicherheiten, die allein kein Hauptkriterium für die Bewilligung eines Darlehens darstellen, sind auch die Sicherheitenwerte in Abhängigkeit der Cash Flow-Situation der Unternehmen in die Sensitivitätsanalyse mit einzubeziehen.
Eine sinnvoll durchzuführende und im Ergebnis aussagekräftige Sensitivitätsanalyse – und damit die erforderliche Zukunftsorientierung der Kapitaldienstfähigkeit – bedarf somit einer vorherigen guten und belastbaren Unternehmensplanung, die weiterhin Szenarioanalysen für die maßgeblichen Planungsparameter (u. a. Cash Flow aus laufender Geschäftstätigkeit, Working Capital-Bedarf, Investitionen, Ausschüttungen/Entnahmen) beinhalten wird. Bestehen erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Unternehmensprognosen – diese müssen realistisch und nachvollziehbar sein und der Konjunktur- und Markterwartung entsprechen -sollen die Kreditinstitute eigene Prognosen erstellen. Je nach aktueller Vorgehensweise der Kreditinstitute kann dies gegebenenfalls erhebliche Auswirkungen für Kreditengagements mit mittleren und großen Unternehmen haben.
Fazit
Banken werden aufgrund der gestiegenen Anforderungen bei der Kreditvergabe deutlich anspruchsvoller, was die Vorbereitung einer Kreditaufnahme für mittelständische Unternehmen deutlich aufwendiger gestaltet. Sie passen sich hiermit stärker anderen Fremdkapitalanbietern wie beispielsweise Debt Fonds an, bei denen derartige Dokumentationsanforderungen und insbesondere die analytische Durchdringung von Planungsszenarien seit jeher Gang und Gäbe sind.
Aus Sicht der Unternehmen ist es daher notwendig, proaktiv eine gut durchdachte und weiterhin belastbare Unternehmensplanung zu erstellen und (gegebenenfalls unter Zuhilfenahme externer Partner) Systeme und Prozesse zu implementieren, welche bei der Erstellung der notwenigen Dokumentation im Rahmen einer Kreditaufnahme unterstützen können, um im Fall der Fälle gut vorbereitet zu sein.
Weitere Informationen zu CRESCAT Advisory erhalten Sie unter www.crescat-advisory.de.
Die Autoren:
Oliver Böhm ist Gründungspartner von CRESCAT und verfügt über rund 20 Jahre Berufserfahrung im Bereich Corporate Finance, Mergers & Acquisitions, Unternehmensfinanzierungen und Private Equity.
Roland Kupka ist Partner von CRESCAT und verfügt über jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Banking & Finance.