Programmierter Erfolg bei komplexen Vorhaben – Projektbeispiele aus der Energiebranche
Ein Beitrag von Rüdiger König
Mit den Methoden des Programm-Managements lassen sich nicht nur Megaprojekte sondern auch kleinere, komplexe Projekte und betriebliche Maßnahmen erfolgreich gestalten. Interim Manager haben darüber hinaus einen oftmals entscheidenden Vorteil: den nüchternen „Blick von Außen“.
Ein wesentlicher Erfolgsfaktor für komplexe Projekte ist es, die verschiedenen, sich teilweise gegenseitig bedingenden Handlungsstränge auf unterschiedlichsten Ebenen miteinander in Einklang zu bringen. Dies gilt nicht nur für technisch komplexe Projekte, sondern auch für vermeintlich einfache Vorhaben, die im „VUCA“ Kontext komplex werden: wo also „volatility“ (Volatilität), „uncertainty“ (Unsicherheit), „complexity“ (Komplexität) sowie „ambiguity“ (Mehrdeutigkeit) berücksichtigt werden müssen und „vision“ (Vision), „understanding“ (Verstehen), „clarity“ (Klarheit) sowie „agility“ (Agilität) gefordert sind.
Ein klassisches Beispiel aus dem Energiemarkt:
- Die Entscheidung für oder gegen eine neue Kraftwerksinvestition hängt u.a. von dynamischen Rahmenbedingungen ab, die mit dem Bauprojekt direkt nichts zu tun haben (Politik, Markterwartungen, Entwicklungen im Finanzmarkt, Regulierung, usw.), oft auch von persönlichen Motiven der Entscheidungsträger (Image, Karriere).
- Der Projektplan für das Vorhaben beinhaltet Zwänge, die die Machbarkeit und/oder Wirtschaftlichkeit bestimmen: Bestellfristen, Witterung, Stillstandzeiten, Verfügbarkeit von Ressourcen usw.
- Um die Vorarbeiten und Prüfungen vorzunehmen, so dass überhaupt entschieden werden kann, werden erhebliche Ressourcen werden benötigt, Dritte müssen einbezogen werden. Dieser frühe Aufwand wird oft gescheut oder, umgekehrt, manchmal auch zum Selbstzweck – mit fatalen Konsequenzen für die spätere termin- und kostengerechte Realisierung.
- Bei alldem ist die richtige Taktung wichtig: Wird zu spät gestartet, werden Leistungsziele nicht erreicht. Erfolgt der Start zu früh, treten zu viele Störfaktoren auf. Geht es zu schnell voran, kommen nicht alle mit. Dauert es zu lang, verliert das ursprüngliche Ziel ggf. seine Relevanz. Hinsichtlich der Entscheidungsprozesse und –parameter und der Projektnotwendigkeiten wird es Widersprüche geben, die nie ganz aufgelöst werden können.
- Die Abstimmung wird oft dadurch erschwert, dass zwischen Entscheiderebene und operativer Ebene keine sachgemäße Kommunikation stattfindet – ob auf Grund hierarchischer Unterschiede, organisatorischer Unzulänglichkeiten oder auch persönlicher Interessenskonflikte.
In solchen Fällen hängt der Projekterfolg davon ab, dass
- aus den Nutzerwartungen der Entscheider übergeordnete Ziele abgeleitet werden,
- die entsprechenden Umsetzungsrisiken/-chancen erkannt und abgebildet werden, und
- dazu adäquate Projektaktivitäten definiert und gesteuert werden, und
Die vorgenannten Maßnahmen werden während der gesamten Projektlaufzeit iterativ wiederholt. Dazu können unterschiedliche Methoden angewandt werden, sie sollten für das Unternehmen, das Projekt und die Beteiligten im Einzelfall adaptiert werden.
Der programmatische Ansatz hat sich bei internationalen Megaprojekten (z. B. Olympiapark London 2012, Erweiterung des Panama-Kanals, Bau von Kernkraftwerken in Abu Dhabi) mit einer professionellen Programm Organisation bewährt. Großprojekte, die diesen Ansatz nicht konsequent angewandt haben (Berliner Flughafen, Elbphilharmonie u. v. m.) konnten die Erwartungen nicht erfüllen.
Aber nicht nur für Infrastruktur- und andere große Investitionsprojekte, sondern auch für interne Projekte wie z.B. die Neuausrichtung eines Geschäftsfeldes ist das Programm Management geeignet.
„Projects deliver outputs, programmes deliver outcome.“
Das Programm-Management ist die zentralisierte, koordinierte Leitung einer Gruppe von Projekten, um die strategischen Ziele und Leistungen des Programms zu erreichen.
Es unterscheidet sich von „Multi-Projektmanagement“ bzw. „Projekt-Portfoliomanagement“ dadurch, dass alle Projekte des Programms einem gemeinsamen strategischen Leistungsprogramm („outcome“) dienen.
- Case Study 1: Ein Neubauprojekt liefert als “Output” ein betriebsbereites Kraftwerk mit x MW Leistung ans Netz. Dies ist aber noch nicht hinreichend, um auch den erwarteten Nutzen („Outcome“) zu erreichen. Denn der Vorstand will Ergebnis ohne Risiko, der Co-Investor/Kunde erwartet eine sichere aber flexible Stromversorgung, der örtliche Landrat sucht Arbeitsplätze usw. … Als das Projekt gestartet wurde, waren sich alle einig. Aber bleiben diese Erwartungen stabil und lassen die Randbedingungen zu, dass sie erreicht werden können? Falls nicht, was ist zu tun?
- Case Study 2: Ein Standort arbeitet im Unternehmensverband eines Energieversorgers nicht wirtschaftlich. Soll man den Standort schließen und hohe Wertberichtigungen, Arbeitsplatzverluste und Reputationsschäden hinnehmen? Soll er verkauft werden, wie muss der Betrieb aufgestellt sein, um für ein breiteres Käufer-Marktpotenzial attraktiv zu sein? Gibt es Optimierungsmöglichkeiten durch Restrukturierung? Hier werden zunächst strategische Analysen und Business-Planungen angestellt und deren Ergebnisse in konkrete Maßnahmen (Projekte) umgesetzt. Ist aber sichergestellt, dass diese Einzelmaßnahmen sich flexibel anpassen, falls im Laufe der Zeit das strategische Ziel verändert wird oder nicht mehr erreichbar ist?
Hier setzen die Aufgaben des Interim Managers als Programm-Manager an.
Zunächst ist zu klären, ob die Grundvoraussetzung für eine korrekte Projektplanung gegeben ist: eine vorhandene und von den Projektträgern (Gesellschafter, Vorstand, Investor, sonstige entscheidungsrelevante Stakeholder) getragene strategische Entscheidung einschließlich erforderlicher Mindestfestlegungen programm-technischer Daten. Dem unbefangenen Interim Manager fällt es oft leichter als einem internen Mitarbeiter/Kollegen, hier ggf. Missstände zu erkennen, diese anzusprechen und Brücken zu bauen.
Auf dieser Grundlage wird er sodann mit den Beteiligten entsprechende Anforderungen und Meilensteine abstimmen:
- Welche wichtigen Entscheidungspunkte wird es geben und welche internen und externen Bedingungen müssen jeweils erfüllt sein, damit eine Entscheidung überhaupt getroffen werden kann?
- Welche weiteren Meilensteine müssen auf dem Weg zu diesen Entscheidungspunkten beachtet werden und wie kann der erforderliche Fortschritt definiert werden?
Der Interim Manager als externer Fachmann kann hier sowohl die erforderliche Stringenz als auch seine Methodenkompetenz bzw. Erfahrung und ggf. sein Netzwerk einbringen.
Aus der Programm Matrix werden einzelne Projekte, Teilprojekte und Arbeitspakete abgeleitet, die zugehörigen konkreten Leistungsziele und KPIs definiert, Prozesse abgestimmt und Ressourcen ermittelt. Die Verantwortung, die konkreten Projektziele termin-, budget- und qualitätsgerecht zu liefern, hat das klassische Projektmanagement.
Das Programm Management hat im weiteren Verlauf die Aufgaben:
- Veränderungen in den Rahmenbedingungen zu analysieren und mit den Projektbeteiligten (Stakeholdern und Ausführenden) die Programm Matrix entsprechend zu aktualisieren
- gemeinsam mit dem Projektmanagement die Abweichungen vom Plan, die Korrekturmöglichkeiten und deren (positive wie negative) Auswirkungen auf die Zielerreichung zu evaluieren und notwendige Planänderungen vorzunehmen.
Hier kann es einem Interim Manager leichter fallen, das erforderliche Berichtswesen schlank zu halten, indem er es streng auf die entscheidenden strategischen Ziele des Programms ausrichtet und eng mit dem Projekt-Reporting abstimmt.
Interim Manager bieten zusätzliche Energie für den Erfolg
Bei erfolgreichen Megaprojekten, wie dem Bau großer Offshore Windparks, Kernkraftwerken oder Pipelines, ist das Programm Management eine dauerhafte, eigene Funktion. In anderen Fällen kann die Aufgabe in der übergeordneten Linienfunktion (COO, Bereichsleitung) oder im Projektmanagement angesiedelt sein. In solchen Situationen bietet ein Interim Manager drei Vorteile:
- Er ist Experte für vorübergehende Aufgaben mit hohen Anforderungen, sowohl hinsichtlich seiner Erfahrung als auch seiner Fokussierung auf das Notwendige, ohne Hintergedanken auf die persönlichen Entwicklungschancen, und mit der Fähigkeit, ggf. Nachfolger zu identifizieren und/oder einzuarbeiten.
- Er ist auf Grund seiner Stellung in der Lage, auf allen Ebenen offen zu kommunizieren; seine Analysen und Empfehlungen sind neutral und werden auch so wahrgenommen.
- Im Gegensatz zum reinen Berater gehört es zu seiner Aufgabe und Kompetenz, anzupacken, Verantwortung für Entscheidungen und deren Umsetzung zu tragen.
Zusammengefasst: Der Interim Manager bringt die zusätzliche Energie, mit der eine Organisation besondere Leistungen hervorbringt und konzentriert zum Erfolg bringt.
Rüdiger König, Dipl.-Kfm., hat über 30 Jahre Erfahrung entlang der industriellen Wertschöpfungskette der Kernenergie und anderer CO2-armer Energien bei Investoren, Betreibern und deren Zulieferern/Dienstleistern.
National wie international übernimmt er operative Verantwortung, als Geschäftsführer, CEO/CFO oder Programm Direktor – oder er agiert für Kunden im Hintergrund als Berater. Er gestaltet Veränderungen in schlanken Organisationen, die vor strategischen Herausforderungen stehen, und positioniert anspruchsvolle Geschäftsfelder im Markt. Als Programmdirektor entwickelt er Strategien für komplexe Projekte unter unsicheren Randbedingungen und baut effiziente Projektorganisationen auf.
Analytische Fähigkeiten, eine agile Hands-on-Mentalität sowie ein nachhaltiger und ergebnisorientierter Ansatz in multi-kulturellen Teams an den Schnittstellen zwischen Strategie, Finanzen und Technik tragen zur Steigerung der Stakeholder Values bei. König hilft Barrieren überwinden, er bringt Interessensgruppen zusammen und führt sie zum gemeinsamen Erfolg. – Energie für Ihren Erfolg.
Rüdiger König ist seit 2014 Mitglied in der DDIM und seit 2016 auch als „DDIM Leader In Projects“ in der Fachgruppe Projekt- und Programm-Management.