Das einzig Stete ist der Wandel
Anpassungsfähigkeit als Erfolgsfaktor im Bewerbungsprozess
Insbesondere im Bereich des Interim Managements ist die Fähigkeit sich flexibel und schnell an neue Rahmenbedingungen anzupassen eine der Kernkompetenzen. Umso entscheidender ist es für Interimsmanager, diese Skills bereits im Bewerbungsprozess unter Beweis zu stellen. Katharina Hain, Recruiting-Expertin beim Personaldienstleister Hays fasst im folgenden Artikel zusammen, wieso Anpassungsfähigkeit zunehmend essentiell wird und worauf es bei Bewerbung und Job-Interview ankommt.
Keine Krise aus jüngerer Vergangenheit hat wohl derartige Spuren hinterlassen wie die COVID-19-Pandemie. Die Erwartungen an Unternehmen und Mitarbeitende befanden sich bereits vor Corona im Wandel, bedingt durch die Digitalisierung. Die Pandemie wirkte nun als Beschleuniger, so dass im „New Normal“ vor allem von Mitarbeitenden und folglich auch Bewerbenden ein anderes Skillset erwartet wird.
Exkurs: VUCA-Welt – was heißt das eigentlich?
Wer sich mit der Digitalisierung und dem Wandel der (Arbeits-)Welt beschäftigt, stößt sicher auf das Akronym „VUCA“. Dieses setzt sich aus vier Begriffen zusammen:
V: Volatilität („volatility“), U: Unsicherheit („uncertainty“), C: Komplexität („complexity“), A: Ambiguität, (ambiguity).
Rahmenbedingungen in Unternehmen und damit auch die Anforderungen an Führungskräfte und Mitarbeitende ändern sich stetig und immer schneller, sind also volatil und unberechenbar. Weiterhin sehen sich Fachkräfte, wie die Hays-Studie „Wissensarbeit im Digitalen Wandel“ verdeutlicht, mit einer zunehmenden Komplexität ihrer Aufgaben konfrontiert. Mehr als die Hälfte (54%) der angestellten Wissensarbeitenden konstatiert zudem, dass es immer weniger Sicherheit darüber gebe, welcher Weg der richtige sei (Ambiguität). Diese Entwicklungen, gepaart mit dem Fakt, dass Wissen eine immer kürzere Halbwertszeit aufweist, verlangen von Arbeitnehmenden und Bewerbenden ein hohes Maß an Lernbereitschaft und Flexibilität.
Warum Anpassungsfähigkeit zur Schlüsselqualifikation wird
Nicht erst seit gestern sind Softskills integraler Teil einer Einstellungsentscheidung. Und viele der entscheidenden persönlichen und sozialen Kompetenzen haben sich über die Jahre nur wenig verändert. Was aktuell mehr und mehr zum wichtigen Faktor wird, ist der sogenannte „Adaptabilitätsquotient“, auch AQ abgekürzt. Denn Mitarbeitende müssen stetig lernen, sich an geänderte Rahmenbedingungen anzupassen, beispielsweise mit neuer Software und Tools umzugehen und Entwicklungen für sich nutzbar zu machen. Das World Economic Forum sagte schon 2016 voraus, dass 65% der damals eingeschulten Kinder in Jobs arbeiten werden, die es zu diesem Zeitpunkt noch nicht gegeben hat – und teilweise auch jetzt noch nicht gibt.
Vor diesem Hintergrund ist es nicht verwunderlich, dass Führungskräfte Softskills wie Flexibilität sowie Anpassungsfähigkeit eine sehr hohe Bedeutung beimessen (84% laut einer Studie von StepStone) und überzeugt sind, dass diese Fähigkeiten nach der Pandemie noch wichtiger werden. Daher liegt es nahe, gerade diese Schlüsselqualifikationen bereits in den Bewerbungsunterlagen zu platzieren, um sich damit von der Masse abzuheben.
Wie Flexibilität im Bewerbungsprozess darstellen
Es ist ratsam, persönliche und soziale Kompetenzen bereits in die Bewerbungsunterlagen aufzunehmen. Unternehmen erhalten auf eine Stelle oft eine Vielzahl an Bewerbungen, die sich in den fachlichen Kompetenzen und der bisherigen Erfahrung wenig unterscheiden. Hier können die „weichen“ Schlüsselqualifikationen dann der Punkt sein, um sich für die Einladung zu einem Vorstellungsgespräch qualifiziert. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Softskills in den Unterlagen zu platzieren:
Im Anschreiben: Ein klassisches Anschreiben oder Motivationsschreiben wird von vielen Unternehmen nicht mehr als Pflicht-Dokument Gleichzeitig bietet ein individuelles Bewerbungsschreiben die Möglichkeit, persönliche und soziale Kompetenzen in den Mittelpunkt zu stellen. Im Anschreiben sollte also nicht einfach der Lebenslauf nacherzählt, sondern die persönliche Geschichte dargestellt werden. Beispiele, gerne auch aus dem Privatleben (selbstverständlich nur bis zu einem gewissen Grad) holen Lesende ab und zeichnen ein lebhaftes Bild der persönlichen Kompetenzen.
Hierzu kann man sowohl klassisch vorgehen oder darüber nachdenken, mit einem Storytelling-Ansatz zu glänzen.
Beispielsweise sollten Bewerbende sich und den Lesenden Fragen beantworten wie:
- Was hat mich dazu bewegt, eine gewisse Entscheidung zu treffen? Und wie hat mich das beeinflusst?
- Wodurch konnte ich in der Vergangenheit Flexibilität beweisen?
- Wann musste ich mich an eine schwierige neue Situation anpassen und wie habe ich die Herausforderung gemeistert?
- Was habe ich gelernt und wer bin ich durch meine Herausforderungen geworden?
Selbstverständlich können auch auf andere kreative Bewerbungsformen zurückgegriffen werden, wenn diese zu einem selbst und dem neuen Berufsbild passen.
Der Lebenslauf: Der CV ist und bleibt zentrales Dokument einer Bewerbung. In den meisten Fällen wird er daher auch als erstes von Recruiterinnen und Recruitern gelesen. Daher sollten Bewerbende schon hier die Chance nutzen, ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, gepaart mit anderen Softskills, einzuflechten.
Im Idealfall sollten Softskills in den jeweiligen beruflichen Stationen auftauchen, um Kontext zu geben. Alternativ lassen sich persönliche Kompetenzen auch gegen Ende des Lebenslaufes aufzählen.
Erfahrene Fachkräfte können sich auch in einem sogenannten „Resume Summary“ zum Anfang des Lebenslaufes kurz selbst beschreiben. Auch ein Deckblatt kann ein guter Platz für relevante persönliche und soziale Kompetenzen sein.
So beweisen Bewerbende ihre Anpassungsfähigkeit und Flexibilität im Vorstellungsgespräch
Eine Einladung zum Vorstellungsgespräch ist der erste wichtige Schritt in Richtung Traumjob. Auch hier werden fachliche Kompetenzen und Softskills auf den Prüfstand gestellt. Zum einen ist es sinnvoll, bereits in der Selbstpräsentation relevante Skills aufzuführen. Auch im fachlichen Teil können Bewerbende durch geschickte Formulierungen andeuten, dass sie ein flexibler und anpassungsfähiger Mensch sind. So kann man beispielsweise einfließen lassen, dass sich in einem früheren Job die Rahmenbedingungen änderten und sich dadurch die Chance ergab, ein neues Tool oder eine neue Methode zu erlernen, die einem selbst und somit dem Unternehmen jetzt im neuen Job relevante Vorteile verschafft.
Personalentscheidende werden im zweiten Teil des Vorstellungsgespräches auf unterschiedliche Weise nach den persönlichen Kompetenzen fragen. Entweder ganz direkt, durch kompetenzbasierte Fragen oder auch Szenarien.
Egal wie die Fragetechnik auch sein mag: Eine gute Vorbereitung ist essentiell, so lassen sich geeignete Beispiele aus früheren Anstellungen, Projektarbeiten, Praktika oder auch aus Hobbies bzw. dem Privatleben zurechtlegen, die die Anpassungsfähigkeit positiv unterstreichen.
Vielleicht wir der Bewerber oder die Bewerberin auch mit Stressfragen oder Stress-Szenarien konfrontiert, wie z.B.
„Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten bereits bei uns und sind zusammen mit einer Person für ein Projekt verantwortlich. Diese Person verlässt plötzlich das Unternehmen, wie reagieren Sie?“
Hierauf gibt es natürlich keine Patent-Antwort. Gleichzeitig ist es empfehlenswert, überlegt vorzugehen, laut zu denken, auch über Grenzen hinaus, und auch schon in der Beantwortung der Frage verschiedene Lösungswege aufzuzeigen. So schaffen es Bewerbende, dem Gegenüber von der persönlichen Anpassungsfähigkeit und den weitreichenden anderen Fähigkeiten zu überzeugen.
Die Autorin:
Katharina Hain startete ihre Karriere bei Hays 2007 als Recruiterin und betreute seitdem verschiedene Fachbereiche und mehrere Fach-Teams in der operativen Rekrutierung. Seit nunmehr zwei Jahren ist Katharina Hain für Karriereberatung/-events sowie spezielle Personalmarketing-Themen zuständig und verantwortet seit Anfang 2021 das gesamte HR-Marketing.