Zur rechtlichen Situation (solo-)selbstständiger Wissensarbeiter

Ein Beitrag von Carlos Frischmuth, Managing Director Hays

Carlos Frischmuth, Hays, stellt eine aktuelle Untersuchung des Bundesverbands Selbstständige Wissensarbeit zur Bewertung der gesetzlichen Rahmenbedingungen beim Einsatz (solo-)selbstständiger Wissensarbeiter vor. Nach Ansicht von Auftraggebern und Selbstständigen wirkt die aktuelle Rechtsunsicherheit negativ auf die Umsetzung von agilen Projekten und Innovationen – und schwächt den Wirtschaftsstandort Deutschland.

  • Rechtssichere Rahmenbedingungen sind für Auftraggeber und (Solo-)Selbstständige wichtig.
  • Die neue Studie befragt rund 1.700 Auftraggeber und selbstständige Wissensarbeiter zur aktuellen Rechtssituation und ihren Auswirkungen.
  • Die Studie belegt: Die aktuelle Rechtsunsicherheit wirkt negativ auf die Umsetzung von agilen Projekten und Innovationen – und schwächt den Wirtschaftsstandort Deutschland.
  • Will Deutschland hier nicht an Boden verlieren, muss umgehend gehandelt werden.

Den Projekt- und Personaldienstleistern kommt als Intermediäre an der Schnittstelle zwischen der Nachfrage aus privater Wirtschaft und von öffentlichen Auftraggebern sowie dem Know-how der (solo-)selbstständigen Wissensarbeiter eine besondere Rolle zu. In dieser Funktion hören wir von beiden Seiten, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen zu einer großen Verunsicherung führen, die teilweise einschneidende Maßnahmen nach sich zieht.

Vor diesem Hintergrund hat der Bundesverband für selbstständige Wissensarbeit in Kooperation mit dem Institut für Management und Innovation (IMI) der Hochschule für Wirtschaft und Gesellschaft Ludwigshafen betroffene Auftraggeber und Auftragnehmer zur Situation befragt. Auf der Auftraggeberseite wurden ausgewählte Vertreter aus Unternehmen und Verbänden interviewt. Diese kommen aus Branchen, die bedeutend für die wirtschaftliche Stärke Deutschlands sind, darunter Chemie, Maschinenbau oder die Unternehmensberatung. Auf der Auftragnehmerseite wurden über 1.450 selbstständige Experten befragt.

Grundsätzlich ist eine große Mehrheit der Befragungsteilnehmer mit den aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen unzufrieden. Während der durch die Neuregulierung eingeführte Schutz des Niedriglohnsektors von den Unternehmensvertretern begrüßt wird, hat die Gesetzgebung den Status Quo für Selbstständige und deren Auftraggeber nicht verbessert, sondern weitere Verunsicherung erzeugt. Die Auftraggebervertreter kritisieren insbesondere die unklare, diffuse Rechtslage (beispielsweise durch die fehlende Synchronisation von Arbeitsrecht und Sozialrecht) in Bezug auf die selbstständigen Wissensarbeiter und den Effizienz- sowie Zeitverlust (verursacht durch umfangreiche Compliance-Maßnahmen) bei der Durchführung von Projekten. Die befragten Selbstständigen berichten von erheblichen Einschnitten in ihre Auftragslage: Über 64 Prozent geben an, dass die Auftraggeber die Anzahl eingesetzter selbstständiger Experten zunehmend reduzieren. 32 Prozent geben an, dass die Auftraggeber sogar komplett auf den Einsatz von Selbstständigen verzichten. Außerdem sehen über 47 Prozent eine Beeinträchtigung der agilen Arbeitsweise (z.B. SCRUM) und 37 Prozent geben an, dass sich die geforderten Standards ihrer Auftraggeber nur schwer einhalten lassen.

Viele befragte Vertreter aus Unternehmen und Verbänden sehen einen direkten Zusammenhang zwischen der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit und der Gesetzgebung. Allerdings gibt es graduelle Unterschiede bezüglich der Bedeutung der Gesetzgebung für die Verzögerung bzw. Verhinderung von Innovationsprojekten (von wenigen Indikatoren bis hin zu einem starken Zusammenhang). Noch kritischer schätzen dieses Thema die befragten selbstständigen Wissensarbeiter ein. 86 Prozent bewerten die durch die aktuelle Gesetzgebung entstandenen Einschränkungen für die Innovationsfähigkeit deutscher Unternehmen als kritisch bis sehr kritisch. 85 Prozent sehen außerdem die internationale Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen bedroht.

Geteilt ist die Meinung der Auftraggebervertreter in Bezug auf die Gesetzeslage und mögliche Anpassungen: Während einige Vertreter aus Unternehmen und Verbänden eine Überarbeitung der Gesetzgebung für notwendig halten, sind andere eher dafür, untergesetzliche Vorschriften wie z. B. die Verwaltungsanweisungen zu konkretisieren und klare Kriterien, die unter anderem auch mit agilem Projektmanagement und den Anforderungen der Praxis vereinbar sind, zu definieren. Teilweise wird auch ein Ausschluss von wissensintensiven Dienstleistern (z. B. über Gehaltsgrenzen oder ähnliche Kriterien) aus der Gesetzgebung empfohlen. Die sehr uneinheitliche Rechtsprechung der letzten Jahre bestätigt hier Handlungsbedarf.

Auch die (solo-)selbstständigen Wissensarbeiter wurden zu verschiedenen Ansätzen zur Verbesserung der Situation befragt: 67 Prozent der Befragten halten die Schaffung transparenterer Statusfeststellungsverfahren für eine gut geeignete Anpassung und 77 Prozent fordern eine Aktualisierung der Prüfungsinhalte des Statusfeststellungsverfahrens für eine besser Vereinbarkeit mit wissensintensiven Dienstleistungen. Am wichtigsten ist dieser Gruppe mit 84 Prozent die Anerkennung alternativer Altersvorsorgemethoden im Statusfeststellungsverfahren der Deutschen Rentenversicherung Bund.

Viele befragte Vertreter aus Unternehmen und Verbänden sehen einen direkten Zusammenhang zwischen der Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit und der Gesetzgebung. Auch die befragten selbständigen Wissensarbeiter bewerten die durch die aktuelle Gesetzgebung entstandenen Einschränkungen für die Innovationsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen als kritisch bis sehr kritisch.

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Der Autor:

Carlos Frischmuth ist seit 1999 in der Personaldienstleistung tätig. Aktuell ist er Managing Director und Leiter der Hauptstadtrepräsentanz bei Hays. Als Vorsitzender des Verbands Selbstständige Wissensarbeit setzt er sich für politische Aufklärung zum Thema Selbstständigkeit ein, sodass Auftraggeber und Auftragnehmer mehr Rechtssicherheit erhalten.