Wie man Generative KI im Unternehmen richtig einsetzt – Vom Pilotprojekt zur Realität
Ein Beitrag von Interim Manager & DDIM Mitglied Ralf H. Komor, Leiter der DDIM.fachgruppe // Vertrieb, Marketing & Service
Im Jahr 2024 hat die Integration von Generativer Künstlicher Intelligenz (GenAI) in Unternehmen eine neue Phase erreicht. Während Führungskräfte und Manager*innen zunehmend die Vorteile dieser Technologie erkennen, wie Zeitersparnis und Effizienzsteigerung, gibt es auch erhebliche Bedenken hinsichtlich der Arbeitsplatzsicherheit und der notwendigen Schulung der Mitarbeitenden. Dieser Artikel beleuchtet, wie Unternehmen die Balance zwischen Optimismus und Besorgnis meistern können, und gibt praktische Empfehlungen für eine erfolgreiche GenAI-Integration.
Die transformative Kraft der KI: Ein Wendepunkt für Unternehmen
Die Ära der künstlichen Intelligenz hat in den letzten Jahren bemerkenswerte Fortschritte gemacht, doch 2024 markiert einen Wendepunkt in der breiten Akzeptanz und Integration von GenAI in die Unternehmenslandschaft. Laut einer aktuellen Studie von BCG sind 64 % der CEOs dabei, GenAI aktiv in ihre Unternehmen zu integrieren, um Arbeitsprozesse zu optimieren und neue Wertschöpfungsmöglichkeiten zu erschließen.
Warum Generative KI jetzt in den Fokus rückt
Die treibenden Kräfte hinter dieser Bewegung sind deutliche Produktivitätssteigerungen und die Möglichkeit, Routinetätigkeiten zu automatisieren. GenAI spart den Mitarbeitenden durchschnittlich fünf Stunden pro Woche, die sie in strategische Aufgaben oder Weiterbildung investieren können. Doch diese Zeitersparnis ist nur ein Aspekt der Veränderung – entscheidend ist, wie diese Zeit genutzt wird.
Gratwanderung zwischen Optimismus und Angst
Die zwei Seiten der Medaille
Trotz der offensichtlichen Vorteile von Generativer KI bleibt die Technologie nicht ohne Herausforderungen. Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die Vertrautheit mit GenAI sowohl Zuversicht als auch Ängste hervorruft. Während 42% der Befragten angeben, dass ihr Vertrauen in GenAI gestiegen ist, ist die Angst vor Arbeitsplatzverlust ebenfalls auf 42% gestiegen. Dieses Paradoxon zeigt, dass Unternehmen nicht nur die technologische Umsetzung, sondern auch die menschlichen Aspekte ihrer Belegschaft sorgfältig managen müssen.
Aus- und Weiterbildung als Herausforderung
Eine weitere wichtige Erkenntnis der Studie ist die Lücke in der Aus- und Weiterbildung der Mitarbeitenden. Während 50% der Führungskräfte bereits eine Schulung zum Einsatz von GenAI erhalten haben, liegt dieser Anteil bei den Mitarbeitenden an der Front nur bei 28%. Diese Diskrepanz führt zu Unsicherheit und einer ungleichmäßigen Verteilung der Technologieakzeptanz innerhalb der Unternehmen.
Geographische Unterschiede in der Nutzung von KI
Vorsprung des globalen Südens
Eines der überraschendsten Ergebnisse der Studie sind die geografischen Unterschiede in der Akzeptanz und Nutzung von GenAI. Der Globale Süden, darunter Länder wie Brasilien, Indien und Nigeria, zeigt ein größeres Vertrauen in GenAI und eine höhere Nutzung als etablierte Märkte wie die USA und Deutschland. Diese Unterschiede spiegeln sich auch in den Ausbildungsprogrammen wider, bei denen der Globale Süden führend ist.
Potenziale und Herausforderungen in entwickelten Märkten
Demgegenüber sind die Befragten aus dem Globalen Norden zurückhaltender. Hier ist die Skepsis hinsichtlich der Auswirkungen von GenAI auf die Arbeitsplatzsicherheit und die langfristigen Karrierechancen größer. Diese Unterschiede unterstreichen die Notwendigkeit, länderspezifische Strategien für die Einführung und Schulung von GenAI zu entwickeln, um den spezifischen Bedenken und Bedürfnissen der Mitarbeitenden in verschiedenen Regionen gerecht zu werden.
Studie: KI bringt 12,2 % mehr Produktivität
Stellen Sie sich vor, Ihre Teams könnten nicht nur effizienter, sondern auch intelligenter arbeiten – mit einer messbaren Produktivitätssteigerung von 12,2 %. Die neuesten Ergebnisse der BCG-Studie zeigen, wie Künstliche Intelligenz das Spiel grundlegend verändert.
Die Boston Consulting Group (BCG) hat in einer umfassenden Studie untersucht, wie sich Künstliche Intelligenz (KI) auf die Produktivität, Effizienz und Qualität der Arbeit in Unternehmen auswirkt. Die Studie, die in Zusammenarbeit mit führenden Universitäten wie Harvard und MIT durchgeführt wurde, testete die Auswirkungen von KI auf verschiedene Arbeitsprozesse bei Hunderten von Berater*innen, die in zwei Gruppen aufgeteilt wurden: Eine Gruppe arbeitete mit KI-Unterstützung, die andere ohne. Die Ergebnisse dieser Studie bieten wertvolle Einblicke für Unternehmen, die die Integration von KI in ihre Arbeitsprozesse erwägen.
Die wichtigsten Ergebnisse der BCG-Studie
- Produktivität: Die Gruppe, die mit KI arbeitete, konnte 12,2 Prozent mehr Aufgaben erfolgreich abschließen als die Kontrollgruppe ohne KI-Unterstützung. Diese Produktivitätssteigerung lässt sich darauf zurückführen, dass KI repetitive Aufgaben automatisiert und komplexe Datenanalysen in Echtzeit durchführt, so dass sich die Berater auf strategisch wichtigere Aufgaben konzentrieren können.
- Geschwindigkeit: Die Geschwindigkeit, mit der KI-unterstützte Teams ihre Aufgaben erledigten, war um 25,1 Prozent höher als bei Teams ohne KI-Unterstützung. Dies zeigt, dass KI die Bearbeitungszeit für bestimmte Aufgaben erheblich verkürzen kann, was insbesondere in schnelllebigen Geschäftsumfeldern von Vorteil ist.
- Qualität: Ein besonders bemerkenswertes Ergebnis der Studie war die Verbesserung der Arbeitsqualität. Die mit KI arbeitende Gruppe lieferte Ergebnisse, die um 40 Prozent besser bewertet wurden als die der Kontrollgruppe. Diese Qualitätssteigerung ist darauf zurückzuführen, dass KI genauere Analysen und Vorhersagen ermöglicht, was die Entscheidungsfindung erheblich verbessert.
- Leistungssteigerung bei leistungsschwächeren Berater*innen: Die Studie zeigte auch, dass Berater, die zu Beginn der Studie geringere Leistungswerte aufwiesen, besonders stark von der KI-Unterstützung profitierten. Ihre Produktivität stieg um beeindruckende 43 Prozent. Dieser Effekt zeigt, dass KI nicht nur bereits leistungsstarke Mitarbeitenden unterstützt, sondern auch bei leistungsschwächeren Teammitgliedern Potenziale freisetzen kann.
- Einfluss von Prompt Engineering: Die Studie unterschied auch zwischen Teilnehmenden, die nur KI nutzten, und solchen, die zusätzlich ein Training im sogenannten Prompt Engineering“ erhielten. Letztere konnten die KI noch effizienter nutzen und erzielten die besten Ergebnisse in Bezug auf Produktivität und Qualität. Dies unterstreicht die Bedeutung von Aus- und Weiterbildung im Umgang mit KI, um deren Potenzial voll auszuschöpfen.
Implikationen für Unternehmen
Die Ergebnisse der BCG-Studie legen nahe, dass Unternehmen, die KI erfolgreich in ihre Prozesse integrieren, einen erheblichen Wettbewerbsvorteil erzielen können. Insbesondere in datenintensiven Branchen wie dem B2B-Vertrieb bietet KI die Möglichkeit, Entscheidungsprozesse zu beschleunigen, die Effizienz zu steigern und gleichzeitig die Qualität der Ergebnisse zu verbessern.
Strategische Empfehlungen für das Management
Transformationsstrategie entwickeln
Um Generative KI erfolgreich in die Organisation zu integrieren, müssen Führungskräfte eine umfassende Transformationsstrategie entwickeln. Diese sollte nicht nur technologische Aspekte berücksichtigen, sondern auch die Notwendigkeit, die Mitarbeitenden kontinuierlich weiterzubilden und in den Veränderungsprozess einzubinden.
Wertschöpfung und Mitarbeiterzufriedenheit im Fokus
Ein wesentlicher Aspekt der Integration von Generativer KI ist die Schaffung von Mehrwert, der über reine Produktivitätssteigerungen hinausgeht. Wenn Unternehmen Generative KI nutzen, um ihren Mitarbeitenden mehr Freude und Sinn in ihrer Arbeit zu ermöglichen, kann die Akzeptanz der Technologie gefördert und der langfristige Erfolg gesichert werden.
Schulung und Weiterbildung: Schlüssel zum Erfolg
Wie die Umfrageergebnisse zeigen, ist der Mangel an Schulungen eines der größten Hindernisse bei der Einführung von Generativer KI. Entscheidend ist, dass Unternehmen in großem Umfang Schulungsprogramme anbieten, die auf die spezifischen Bedürfnisse ihrer Mitarbeiter zugeschnitten sind. Dabei sollte auch ausreichend Zeit für die Anpassung und das Erlernen der neuen Technologien eingeräumt werden.
„In der digitalen Ära wird Erfolg nicht mehr durch das Wissen, sondern durch die Fähigkeit, dieses Wissen anzuwenden, gemessen.“ – Unbekannt
Wichtige Aspekte bei der Integration von KI
- Datenqualität und -management
Eine erfolgreiche KI-Implementierung hängt stark von der Qualität der zugrunde liegenden Daten ab. Unternehmen müssen sicherstellen, dass ihre Datenstrukturen robust und gut gepflegt sind, um präzise KI-Analysen zu ermöglichen. - Schulung und Akzeptanz
Die Schulung der Mitarbeiter im Umgang mit KI, insbesondere im Bereich des Prompt Engineering, ist entscheidend für den Erfolg der Implementierung. Ebenso wichtig ist es, eine Kultur zu schaffen, in der KI als unterstützendes Werkzeug und nicht als Bedrohung wahrgenommen wird. - Technologische Integration
KI muss nahtlos in bestehende Unternehmenssysteme integriert werden, um ihren vollen Nutzen entfalten zu können. Dies erfordert eine sorgfältige Planung und möglicherweise Anpassungen bestehender Technologien und Prozesse.
Fünf strategische Empfehlungen für eine erfolgreiche GenAI-Integration
1) Transformation zuerst denken
Die Einführung von GenAI darf nicht isoliert betrachtet werden. Führungskräfte müssen eine ganzheitliche Transformationsstrategie entwickeln, die alle laufenden Initiativen im Unternehmen berücksichtigt und sicherstellt, dass die Einführung von GenAI nicht zu einer Überforderung führt, sondern synergetisch mit anderen Projekten zusammenarbeitet.
2) Messbare Ergebnisse definieren
Um den Erfolg der GenAI-Integration zu gewährleisten, ist es entscheidend, klare KPIs zu definieren, die den Fortschritt und die Ergebnisse messen. Diese KPIs sollten nicht nur auf Produktivitätssteigerungen abzielen, sondern auch die Auswirkungen auf die Mitarbeiterzufriedenheit und die Innovationskraft des Unternehmens erfassen.
3) Aus- und Weiterbildung im Fokus
Um die Vorteile von GenAI voll ausschöpfen zu können, ist der Aufbau von Schulungskapazitäten in großem Umfang unerlässlich. Führungskräfte sollten regelmäßige und zielgerichtete Schulungen sicherstellen, die es den Mitarbeitern ermöglichen, die Technologie effektiv zu nutzen und sich an die schnell wechselnden Anforderungen anzupassen.
4) Wertschöpfung und Mitarbeiterzufriedenheit steigern
Führungskräfte sollten darauf achten, dass die Einführung von GenAI nicht nur der Produktivitätssteigerung dient, sondern auch zur Verbesserung der Arbeitsqualität und der Mitarbeiterzufriedenheit beiträgt. Dies kann durch die Automatisierung von Routineaufgaben und die Schaffung von Freiräumen für kreativere und strategischere Tätigkeiten erreicht werden.
5) Rollen und Strukturen überdenken
Mit der Einführung von GenAI werden sich auch Rollen, Kompetenzen und Organisationsstrukturen ändern müssen. Führungskräfte sollten eng mit HR und ihren Managern zusammenarbeiten, um sicherzustellen, dass diese Veränderungen reibungslos verlaufen und sowohl menschliche als auch technologische Ressourcen optimal genutzt werden.
Ihr Auftrag: KI als Wettbewerbsvorteil nutzen
GenerativeAI bietet Managern und Unternehmen beispiellose Möglichkeiten, ihre Effizienz zu steigern und neue Geschäftsmöglichkeiten zu erschließen. Die Herausforderungen sollten jedoch nicht unterschätzt werden. Sorgfältige Planung, umfassende Schulungsprogramme und die Bereitschaft, traditionelle Rollen und Strukturen zu überdenken, sind entscheidend, um die Vorteile dieser Technologie voll auszuschöpfen. Führungskräfte, die diesen Wandel aktiv gestalten, werden sich als Marktführer in einer zunehmend digitalisierten Welt behaupten können.
Mit Generativer KI die Zukunft gestalten
Die Integration von GenAI in Unternehmensprozesse ist keine vorübergehende Modeerscheinung, sondern ein grundlegender Wandel, der das Potenzial hat, die Arbeitswelt nachhaltig zu verändern. Unternehmen, denen es gelingt, die Herausforderungen dieser Technologie zu meistern und ihre Mitarbeitenden effektiv darauf vorzubereiten, werden in den kommenden Jahren die Früchte dieser Transformation ernten.
„Künstliche Intelligenz ist nicht die Zukunft – sie ist die Gegenwart, die unsere Zukunft formt.“ – Ralf H. KOMOR
Lesetipps: Erkenntnisse über KI, Produktivität und die globale Arbeitswelt
Boston Consulting Group (BCG) – „AI at Work: Friend or Foe?“
Der Artikel von BCG beleuchtet die Rolle der künstlichen Intelligenz (KI) am Arbeitsplatz und untersucht, ob sie eher als Unterstützung oder als Bedrohung wahrgenommen wird. Sie erhalten wertvolle Einblicke in die Chancen und Herausforderungen der Integration von KI und wie Sie das Potenzial in Ihrem Unternehmen optimal nutzen können.
McKinsey & Company – „The economic potential of generative AI: The next productivity frontier“
In diesem McKinsey-Beitrag erfahren Sie, wie generative KI als neuer wirtschaftlicher Produktivitätsfaktor wirken kann. Sie erhalten fundierte Analysen zu den wirtschaftlichen Potenzialen und möglichen Anwendungen, die Unternehmen neue Wettbewerbsvorteile verschaffen können. A new future of work: The race to deploy AI and raise skills in Europe and beyond.
McKinsey & Company – „A new future of work: The race to deploy AI and raise skills in Europe and beyond“
Dieser PDF-Bericht analysiert die Auswirkungen von Automatisierung und Künstlicher Intelligenz (KI) auf die Arbeitsmärkte in Europa und den USA bis 2030. Sie erfahren, wie technologische Veränderungen Millionen von Arbeitsplatzwechseln erfordern werden und welche neuen Kompetenzen zukünftig besonders gefragt sein werden, insbesondere in den Bereichen Technik, soziale Fähigkeiten und emotionales Verständnis.
PwC – „Hopes and Fears: Global Workforce Survey“
Diese Seite präsentiert die Ergebnisse der Global Workforce Survey von PwC, an der mehr als 54.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus 46 Ländern teilgenommen haben. Sie erhalten wertvolle Einblicke in die Sorgen und Erwartungen der globalen Arbeitnehmerschaft und erfahren, welche Trends die Zukunft der Arbeit prägen und wie Unternehmen darauf reagieren können.
appliedAI – „Case Studies“
Die Case Studies von appliedAI zeigen praxisnahe Beispiele, wie Unternehmen Künstliche Intelligenz (KI) erfolgreich einsetzen, um Innovationen voranzutreiben und ihre Wertschöpfung zu steigern. Sie bieten einen detaillierten Einblick in konkrete Projekte, darunter die Optimierung von Geschäftsprozessen bei Infineon, MTU Aero Engines und Linde sowie die Implementierung von KI-gestützten Lösungen bei EnBW.
Diplom-Wirtschaftsingenieur Ralf H. Komor ist Executive Interim Manager, zertifizierter Beirat, Most Trusted Adviser für die Beratung von Familienunternehmen, Blogger, Autor und Coach. In der Branche ist er als SALES CAPTAIN bekannt und leitet die DDIM.fachgruppe // Vertrieb, Marketing & Service, in der sich ausgewiesene Fachleute aus dem Interim Management regelmäßig zu aktuellen Vertriebsthemen austauschen und kontinuierlich weiterbilden. Als Springer-Autor hat er an fünf Fachbüchern mitgewirkt und den DDIM Award für das beste Interim Management Projekt im Bereich Digitalisierung gewonnen.
Seine Leidenschaft gilt der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle, der Optimierung von Vertriebsstrategien und der Übernahme von Verantwortung in Turnaround-Situationen, wenn der Vertrieb wieder in Schwung gebracht werden muss. Er arbeitet schwerpunktmäßig mit mittelständischen Unternehmen, Start-Ups und Konzernen aus dem Maschinen- und Anlagenbau sowie der Softwareindustrie zusammen und führt diese Mandate zum Erfolg: mehr Anfragen, Effizienzsteigerung und ein besseres Kundenerlebnis. Als erfahrener B2B-Verkäufer auf C-Level verfügt er über mehr als 35 Jahre Expertise in nationalen und internationalen Projekten. Kooperativ, zielstrebig und visionär ist sein Arbeitsstil. Sein Credo lautet „Resulting statt Consulting“. Mehr Informationen unter: www.komor.de
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