Nina Kochte: Tobias, Was hat dich bewogen, als Steuerberater ins Interim Management zu gehen?

Tobias Hirner: Das liegt eigentlich daran, dass ich lieber Praktiker als Theoretiker bin, also nicht nur auf der anderen Seite der Macht stehen und irgendein Gutachten abliefern, sondern das Ganze auch im Unternehmen umsetzen will. Ursprünglich komme ich aus der Industrie als Festangestellter und dort habe ich nach all den Jahren gemerkt, dass ich meine Tätigkeiten eigentlich auch als Freiberufler machen könnte. So habe ich erstens den Vorteil, dass ich dann keinem Chef unterstellt bin und meinen Arbeitsalltag selbst gestalten kann und habe zweitens die volle Flexibilität.

Ich kann dann auch nach einem halben Jahr wieder ein Mandat abgeben oder in ein anderes Industrieunternehmen gehen. Es gibt dadurch immer Abwechslung durch neue Themenstellungen und Personen, mit denen man zusammenkommt und dadurch erweitert man auch sein Portfolio und seine Expertise. Darüber hinaus sieht man, dass verschiedene Unternehmen oftmals die gleichen wiederkehrenden Themen haben, wie z.B. bei der Umsatzsteuerprobleme (Stichwort: „Grenzüberschreitende Zentralboni“). Durch bereits in anderen Unternehmen etablierte Lösungen kommt man in anderen Mandaten schneller zum Ziel.

Nina Kochte: Bernd, wo habt ihr Euch kennengelernt und wie ist Eure Idee entstanden?

Bernd Fischer: Tobias und ich haben uns persönlich kennen- und schätzen gelernt, und daraus entstand die Idee, das Tax Management als Teil unseres breiten Leistungsspektrums in der F&P Fachgruppe Finance zu integrieren. Tobias hatte im Herbst unser Angebot angenommen, als Associate Partner uns hier gezielt zu verstärken.

Nina Kochte: Bernd, warum hast du dich konkret entschlossen, Tax Solutions als neue Leistung bei F&P aufzunehmen?

Bernd Fischer: Tax ist sicherlich im Interim Management eine absolute Nische und mit Tobias als Zugpferd möchten wir ihn und und sein besonderes Netzwerk gezielt vermarkten. Wir zielen darauf ab, ein Tax Team von Spezialisten aufzubauen und der Industrie Lösungen auf flexibler Basis anzubieten. Es passt hervorragend in unseren strategischen Wachstumskurs, vermehrt Nischenleistungen anzubieten. Tobias bringt hier entscheidendes Fachwissen mit, das wir gemeinsam nutzen möchten, um das Geschäft zu skalieren und nachhaltige Lösungen anzubieten.

Zukünftig möchten wir ein größeres Team an Tax Interim Managern aufbauen. Nur so können wir Kunden glaubhaft ein breites Spektrum an Leistungen anbieten und gleichzeitig unsere Lieferfähigkeit sicherstellen. Es macht keinen Sinn, ein Leistungsversprechen abzugeben, das wir am Ende nicht einhalten können, weil die Kapazitäten begrenzt sind.

Tobias Hirner: Vielleicht noch daran anknüpfend, der Markt ist zwar klein, aber sehr stark nachgefragt. Sogar in der derzeitigen Phase, wo es ja überall kriselt, habe ich einen Stopp reingehauen. Wenn Provider nach Kapazitäten fragen, muss ich sagen „Nein, habe ich leider nicht“, und deswegen habe ich gemerkt, dass wir da wirklich eine große Marktlücke haben. Es gibt derzeit nur eine Handvoll Berater, die das Thema bedienen und sich den Markt fast schon teilen, man kennt sich untereinander und weiß, wer gerade an welchem Projekt arbeitet.

Nina Kochte: Und warum sind Tax Interim Manager noch nicht so weit verbreitet wie andere Interim Spezialisierungen?

Tobias Hirner: Weil der klassische Interim Manager im Tax Interim Business eigentlich aus der Industrie kommt und nicht aus der Kanzlei. Kanzleimitarbeiter bringen zwar fachliches Wissen mit, scheitern jedoch oft an den unternehmerischen Prozessen, da sie stärker beraterisch als prozessual denken. Diese Lücke möchten wir gezielt schließen, indem wir erfahrene Fachkräfte aus der Industrie einbinden – idealerweise mit 15 Jahren Erfahrung in Industrieunternehmen, die vielleicht auch 2-3 Stationen absolviert haben und so Ende 30 bis Mitte 40 sind.

Da zählt breites Praxiswissen dann auch mehr als der Steuerberatertitel. Für größere Projekte ist ein Teamansatz entscheidend, da der Steuerbereich zahlreiche Spezialisierungen wie Lohnsteuer, Umsatzsteuer und Ertragssteuer umfasst. Einzelpersonen können diese Vielfalt nicht allein abdecken, besonders wenn es um punktuelles Expertenwissen geht.

Nina Kochte: Welche Schnittpunkte seht ihr zu anderen Interim Management Lösungen wie Controlling oder Vertrieb?

Tobias Hirner: Im Bereich Verrechnungspreise bestehen enge Schnittstellen zwischen Controlling und Steuerberatung, insbesondere in internationalen Unternehmen mit grenzüberschreitenden Geschäftsprozessen. Projekte zur Sicherstellung der Fremdvergleichskonformität erfordern ein abgestimmtes Vorgehen zwischen steuerlicher Expertise und den operativen Fähigkeiten des Controllings. Dabei spielen Themen wie Kostenkalkulation, die Herkunft von Daten auf Kostenstellenbasis, sowie die Einrichtung geeigneter Systeme eine zentrale Rolle, um die Anforderungen an Monats- oder Quartalsabschlüsse zu erfüllen.

Außerdem gibt es Schnittstellen zu anderen Unternehmensbereichen wie Personal, Vertrieb, Produktion und Einkauf. Im Einkauf beispielsweise stellen sich häufig Fragen zur rechtlichen Bewertung von Logistikflüssen oder der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Lagerbeständen. Durch eine interdisziplinäre Herangehensweise lassen sich solche Projekte effizient umsetzen. So werden steuerliche, operative und prozessuale Kompetenzen kombiniert. Das Ergebnis sind dann maßgeschneiderte Lösungen, die sowohl steuerlichen Anforderungen als auch unternehmerischen Zielen gerecht werden. Gerade diese gemeinsamen Teamprojekte stellen sich als USP heraus.

Nina Kochte: Wie können Steuerkanzleien durch Interim-Kooperation profitieren?

Tobias Hirner: Oftmals fehlt Steuerkanzleien die Kapazität, um Empfehlungen in die Praxis umzusetzen. Mandanten haben intern Ressourcenengpässe, und genau hier kann man ansetzen und operative Unterstützung bieten, die Steuerberater selbst nicht leisten können.

Bernd Fischer: Genau, durch die Zusammenarbeit können Steuerkanzleien ihr Leistungsportfolio erweitern. Wir ermöglichen ihnen, Dienstleistungen anzubieten, die über die klassischen Steuerberatungsleistungen hinausgehen, und stärken damit ihre Position am Markt.

Tobias Hirner: Ein weiterer Vorteil ist die zukunftsorientierte Beratung. Der gesamte Steuerberatungsmarkt ist überaltert, vor allem weniger junge Menschen wollen in diese Richtung gehen. Außerdem werden viele klassische Tätigkeiten wie Buchhaltung zunehmend automatisiert. Aber Praxis und Umsetzung bleiben essenziell. Hier kommt F&P ins Spiel: Wir unterstützen nicht nur strategisch, sondern setzen Prozesse direkt um.

Bernd Fischer: Das sehe ich genauso. Steuerberater haben oft detaillierte Einblicke in ihre Mandanten, aber nicht die operative Exzellenz, um beispielsweise Logistikprozesse zu optimieren. Diese Lücke können wir schließen und so die Zusammenarbeit im Sinne der Mandanten stärken.

Tobias Hirner: Besonders bei großen Mandaten kann Interim Management helfen, indem wir Steuerkanzleien ermöglichen, komplexe Projekte effizient zu bewältigen. Wir bieten die notwendige Flexibilität, um solche Herausforderungen anzugehen.

Bernd Fischer: Richtig und genau das eröffnet auch neue Geschäftsfelder. Kanzleien können sich durch die Kooperation zukunftssicher aufstellen.