Ein vollerer Markt mit weniger Chancen? Ein Markt unter Druck… und die Frage, wer in ihm sichtbar bleibt.
Ein Kommentar von PR-Berater Benjamin Wulff in Anlehnung an den DDIM.kongress // 2025
Die deutsche Wirtschaft kriselt. Es ist ein bisschen wie ein altes Dieselaggregat, das noch läuft, aber schon unangenehm riecht. Wir stecken fest in einem System, das zu lange von früherer Stärke gelebt hat, während die Gegenwart rauer wurde und die Zukunft verschwommener.
Transformation wird beschworen, aber selten konsequent umgesetzt. Mut wird gefordert, doch mit Vorsicht agiert. Das Ergebnis: eine Wirtschaft zwischen nervösem Alarm und gepflegter Lähmung. Und diese Stimmung macht auch vor der Interim-Management-Branche nicht Halt, die mittendrin steht: als Akteure im System und gleichzeitig als dessen Seismografen.
Die Gespräche mit Providern und Interim Managern auf dem DDIM.kongress // 2025 zeichnen ein Bild, das man diplomatisch als „herausfordernd“ bezeichnen könnte und undiplomatisch so: Der Markt gleicht einem Schachbrett, auf dem sich doppelt so viele Figuren befinden, aber nur noch halb so viele Felder zur Verfügung stehen.
Auf der einen Seite: volle Auslastung, Hochgefühl, alles läuft. Auf der anderen: Profis, die seit Monaten kein Mandat mehr hatten und ihre Projektpipeline anschauen wie ein leeres PDF-Dokument. Hinzu kommt: Der Markt an Interim Managern wächst quantitativ weiter. Mehr Experten. Mehr Verfügbarkeit. Mehr Kompetenz. Mehr Competition. Kurz: mehr Menschen für weniger Mandate; mit Ausnahme der Restrukturierer, die in Krisenphasen traditionell Hochkonjunktur haben.
Daraus resultiert ein vollerer Markt mit weniger Chancen. Ein Feld, in dem Sichtbarkeit zur knappsten Ressource wird. Und wer glaubt, dass „gute Arbeit“ als Differenzierungsmerkmal genügt, übersieht das Offensichtliche: Qualität ist heute der Eintrittspreis, nicht der Wettbewerbsvorteil. In einer solchen Realität fragen sich viele Interim Manager: „Was wird aus mir?“ Das ist ein notwendiger Weckruf. Denn fachliche Exzellenz allein erzeugt keine Positionierung und schon gar keine Nachfrage. Die Vorstellung vom „guten Profi, der automatisch Projekte findet“, gehört ins Regal der ökonomischen Geschichtsbücher!
Die richtigen Fragen lauten heute: Wofür werde ich gebraucht? Und wofür ausdrücklich nicht? Eine klare Positionierung ist kein Marketing-Gedöns, das man über sein Profil streut. Sie ist eine Grenzziehung, eine bewusste Setzung. Sie macht sichtbar, wofür Sie als Interim Manager stehen – und ebenso, wofür nicht. Bedeutet das, dass Sie nun marktschreierisch auf LinkedIn auftreten müssen? Nein. Oder wie es Dr. Marei Strack formulierte: Es geht nicht darum, den „Markt auf LinkedIn zu kreieren“, sondern darum, für Provider und Kunden so klar erkennbar zu sein, dass sofort sichtbar wird, was Sie auszeichnet. Ein Beispiel: „Controlling im Mittelstand“ reicht heute nicht mehr als Positionierung aus. Das ist die Branchenvariante von „Ich mag gutes Essen und Reisen.“
Denn: Provider und Kunden filtern härter, suchen schärfer, entscheiden schneller.
Der Markt wird enger, das Zeitfenster kleiner, für Unklarheit bleibt wenig Platz. Am Ende setzen sich nicht die durch, die am breitesten aufgestellt sind, sondern die, deren Kontur unverkennbar ist. Relevanz entsteht an der Kante, nicht in der Mitte. Und auch wenn das alles nach düsteren Zeiten klingt: Genau hier liegt Ihre Chance. Denn Klarheit ist eine Ressource, die sich nicht verknappt, sondern schärfen lässt. Wer seine klare Linie findet, bleibt auch im engeren Markt sichtbar.
„Ich bin 1987 in Berlin geboren und dort aufgewachsen. Zum Studium der Sprach- und Kommunikationswissenschaften hat es mich in die Schatten der Brüder Grimm und Martin Heideggers nach Marburg/Lahn verschlagen. Für das Master Studium „Public Relations“ bin ich nach Barcelona gezogen. Nach einem kurzen Intermezzo in Startups und Konzernen habe ich 2014 den Weg in die Selbständigkeit gewählt. Heute lebe ich als freier PR-Agent in Barcelona und Berlin.“
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