Trendberuf Interim-CFO

Warum Chefs auf Zeit gefragter sind als je zuvor.

Ronny Böttcher vermittelt bei Robert Half Management Resources freiberufliche Führungskräfte an Unternehmen – in letzter Zeit immer öfter in CFO-Positionen. Warum diese Aufgabe so spannend ist und wer das Zeug dazu hat, verrät uns der erfahrene Personal- und Projektvermittler für erfahrene Finance-Experten im Interview.

Text: Alenka Mladina

Herr Böttcher, dürfen sich freiberufliche Experten, also Interim Manager, über wachsende Märkte freuen?

Ronny Böttcher: Allerdings, die Branche Interim Management wächst seit Jahren sehr schnell. Laut der Dachgesellschaft Deutsches Interim Management ist das Honorarvolumen in den letzten drei Jahren jeweils um mindestens 10 % jährlich gestiegen. Das merken wir auch in der täglichen Vermittlung bei Robert Half Management Resources. Interim Management ist mittlerweile nicht nur salonfähig, der Markt hat sich sogar gedreht: Es gibt mehr freie Stellen für die Chefs auf Zeit als geeignete Führungskräfte. Die guten können sich aussuchen, wo sie arbeiten.

Welche Aufgaben übernehmen Interim Manager in Unternehmen?

Wir erhalten viele Anfragen für operative Projekte, zum Beispiel im Controlling und in der Finanzbuchhaltung. Seit einigen Monaten spüren wir allerdings einen ganz starken Trend bei CFO-Positionen: Hier greifen immer mehr Unternehmen auf Interim Manager zurück.

Woran liegt es Ihrer Meinung nach, dass Chefs auf Zeit für CFO-Posten immer gefragter sind?

Unternehmen fällt es immer schwerer, auf Anhieb einen geeigneten CFO zur Festanstellung zu finden, weil die Aufgaben noch anspruchsvoller werden. Die Digitalisierung und ständig neue Compliance-Regelungen verlangen von CFOs einen großen Schatz an Wissen und Kenntnissen. Außerdem ist eine ausgeprägte Führungskompetenz erforderlich. Jemanden zu finden, der alle fachlichen Kriterien erfüllt – und die richtige Persönlichkeit mitbringt – kann für Unternehmen zwischen 6 und 9 Monaten dauern. So lange kann diese strategisch wichtige Funktion im Unternehmen nicht unbesetzt bleiben. Deshalb überbrücken viele Firmen diese Posten mit Interim Managern.

Sind es vor allem große Konzerne, die auf Interim Manager im Finance-Bereich zurückgreifen?

Die Unternehmen sind unterschiedlich groß. Sowohl KMUs als auch Konzerne greifen auf diese Option zurück. Den Unterschied spürt man je nach Größe und Unternehmensstruktur in den Anforderungen an den Interim-CFO. In kleineren Unternehmen übernehmen Finanzleiter oft auch operative Aufgaben. Da bucht der Chef sozusagen noch selbst. In mittelgroßen Betrieben leitet der Interim-CFO kleine bis mittelgroße Teams. Auf Konzernebene ist es wiederum eine sehr strategische Position, die meist mit der Vorstandsebene eng zusammenarbeitet.

Für alle, die das Geschäftsfeld Interim-CFO interessiert: Gibt es einen bestimm-ten Persönlichkeitstyp, der sich besonders eignet?

Das kann man nicht verallgemeinern. Entscheidend ist, dass die Führungskraft zur Aufgabe passt. Das stellen wir bei Robert Half durch ein sorgfältiges Auswahlverfahren sicher. Manchmal brauchen unsere Auftraggeber einen knallharten Restrukturierer, der sich Gehör verschafft. Manchmal ist ein empathischer CFO gefragt, der die Mitarbeiter abholt, weil sie bereits den dritten Chef innerhalb von sechs Monaten bekommen haben. Ohne Führungskompetenz geht es aber nicht.

Wo werden CFOs auf Zeit am stärksten gesucht: In Großstädten oder auf dem Land?

In Ballungsgebieten ist die Nachfrage stärker. Aber wir vermitteln auch viele Interim Manager in ländliche Regionen. Die Unternehmen dort haben es oft schwerer, Mitarbeiter zu finden, weil diese lieber in große Städte wie Berlin ziehen. Aber das Gute ist: Als Interim Manager muss man sich nicht festlegen, ob man lieber in der Stadt oder auf dem Land arbeitet. Man kann sich von Projekt zu Projekt neu entscheiden. Aber das Gute ist: Als Interim Manager muss man sich nicht festlegen, ob man lieber in der Stadt oder auf dem Land arbeitet. Man kann sich von Projekt zu Projekt neu entscheiden.

Macht es Sinn, sich als Interim Manager nur auf CFO-Positionen zu spezialisieren?

Ich würde empfehlen, auch andere Projekte anzunehmen. Sonst kann es schnell passieren, dass der Interim Manager sich zu schnell spezialisiert und keine anderen Aufgaben mehr bekommt. Die Experten auf Zeit sollten zwischendurch Projekte im operativen Bereich annehmen. Dadurch profitieren Interim Manager auch fachlich: Sie kriegen mit, wie es an der Basis läuft und halten ihr Wissen auf dem neuesten Stand. Und am besten arbeitet man als Interim Manager auch branchen- und themenübergreifend. So wächst man weiter und erhöht damit seinen Marktwert.

Sie sagen, die Suche nach einem CFO zur Festanstellung dauert meist über ein halbes Jahr. Wie schnell vermittelt Robert Half einen Interim Manager, der die Position in der Zwischenzeit ausfüllt?

Das hängt stark davon ab, wie schnell sich ein Unternehmen entscheiden kann. Sitzen alle Entscheidungsträger vor Ort geht es in der Regel schneller, als wenn Entscheider aus verschiedenen Ländern beteiligt sind. Unsere schnellste Vermittlung dauerte nur 2 Stunden. In jedem Fall können wir innerhalb von 24 Stunden Bescheid geben, ob wir passende Kandidaten für die Position im Netzwerk haben. Der gesamte Prozess von der Anfrage des Kunden bis zum Antritt des Interim Ma-nagers dauert maximal 3 Tage.

Können Sie den Vermittlungsprozess etwas genauer beschreiben: Worauf können sich Unternehmen und Interim Manager einstellen?

Zuallererst erstellen wir zusammen mit dem Kunden ein Jobprofil: Wir klären, welche Anforderungen der Kandidat erfüllen muss – sowohl fachlich als auch persönlich. Außerdem analysieren wir die Inhalte der Rolle genau und nehmen uns für das Jobprofil viel Zeit. Das ist nämlich die Grundlage dafür, dass Interim Manager und Unternehmen gut zusammenpassen. Anschließend folgt der Matching-Prozess: Wir ermitteln alle Kandidaten, die die Anforderungen erfüllen. Davon wählen wir die zwei bis drei besten aus und stellen sie dem Kunden zunächst schriftlich vor. Sobald der Kunde ausgewählt hat, wen er persönlich kennenlernen möchte, verein-baren wir einen Termin. Jetzt liegt es am Kunden, wie schnell er sich entscheidet.

Wie lange ist ein Interim Manager bei einer CFO-Überbrückung in der Regel im Einsatz?

Das hängt sehr vom jeweiligen Projekt ab. Die durchschnittliche Auftragsdauer beträgt 6 Monate. In einigen Projekten ergeben sich aber Anschlussaufgaben und der Einsatz wird verlängert.

Wie schätzen Sie die Nachfrage nach Interim Managern in den nächsten Jahren ein?

Der Bedarf wird weiter zunehmen, auch im Bereich CFO-Vakanzen. Das Anforderungsprofil und die Verantwortung von CFOs werden immer größer. Die Welt wird digitaler, Reporting-Auflagen werden komplexer. Umso schwieriger wird es, freie CFO-Positionen schnell neu zu besetzen. Auch im Bereich Mergers & Acquisition sind freiberufliche Führungskräfte stark gefragt, weil sie großes Know-how besitzen, wenn es darum geht, Prozesse anzupassen und Strukturen zusammenzuführen.

Das heißt: Jemand der sich jetzt dafür entscheidet, Interim Manager zu werden, wird sich nicht über einen Mangel an Aufträgen beschweren können?

Richtig. Die Berichte über den wachsenden Bedarf an Interim Managern in den Medien haben dazu geführt, dass viele auf der Erfolgswelle mitschwimmen wollen. Interim Manager brauchen allerdings den entsprechenden Werdegang und die Erfahrungen: Basiswissen, zum Beispiel in Accounting und Controlling, ist Pflicht, ebenso Führungserfahrung. Gern gesehen sind außerdem Kenntnisse im Krisen- und Change-Management. Ist das vorhanden, stehen Interim Manager vor einer vielversprechenden Zukunft.

Ronny Böttcher

Ronny Böttcher

Robert Half

Ronny Böttcher vermittelt bei Robert Half Management Resources in Berlin Interim Manager aus dem Bereich Finance und IT. Mit über 15 Jahren Berufserfahrung im Finanzwesen, Business Development und in der Personalberatung ist der 37-Jährige ein ausgewiesener Kenner im Markt für Interim Management.

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