Vom Review zur Bewegung: Nachhaltige Transformation beginnt mit einem klaren Commitment
Ein Beitrag der DDIM Interim Manager Harald Kimmerle, Petra Lüschen-Peters und Suzanne Wahab aus der Beitragsreihe „Unternehmen im Wandel“ der DDIM.fachgruppe // Prozessmanagement
Der erste Teil des Reports fokussierte auf den Independent Business Review (IBR) als zentrales Instrument, um Orientierung zu geben und Handlungsfähigkeit herzustellen. Es wurden Unterschiede zum Sanierungsgutachten nach IDW S6 herausgearbeitet und fünf Erfolgsfaktoren für einen wirksamen IBR beschrieben: klare Zielsetzung, volle Transparenz, Führungshaltung, strukturierte Einbettung in Veränderungsprozesse, Mindset-Shift vom Pflichtprogramm zur Chance.
In diesem Teil des Reports wollen wir uns der Transformation von Unternehmen widmen. Einer Umwandlung, die mit einem klaren Commitment beginnen sollte.
Doch zunächst eine Klarstellung, da das Wort Transformation derzeit inflationär benutzt wird: Die Transformation, die hier gemeint ist, betrifft Unternehmen in ganzheitlicher Form. Hier geht es nicht um einzelne Fachbereiche, da in Abgrenzungen keine echte Transformation gelingen kann. Hier geht es darum eine resiliente, kundenorientierte und zukunftsfähige Unternehmenswelt zu entwickeln, in der eine Neugestaltung des Unternehmens das Ziel ist. Dazu gehört auch, altes Denken hinter sich zu lassen, insbesondere die klassische Silo-Logik, die Innovation und Zusammenarbeit oft ausbremst. Transformation gelingt nur, wenn wir Verkrustungen aufbrechen und uns konsequent auf das konzentrieren, was zählt: den Wertschöpfungsprozess und den konkreten Mehrwert für den Kunden.
Auch eine klare Abgrenzung zu systemisch sehr wertvollen Change-Initiativen ist uns wichtig. „Change folgt der Systemlogik und bedeutet eine schrittweise Anpassung, während Transformation eine neue Logik schafft und tiefgreifende, grundlegende Umgestaltungen beschreibt.“
Kriterium | Transformation
(Umwandlung) |
Change
(Veränderung) |
Zeithorizont | Fortlaufender, nie wirklich abgeschlossener Prozess. | Einmalige, abgeschlossene Veränderung mit klarem Start und Ende. |
Zielsetzung | Fundamentale Neugestaltung des Unternehmens. | Optimierung oder Anpassung bestehender Strukturen. |
Treibende Kraft | Anpassung an tiefgreifende Marktveränderungen oder neue Geschäftsmodelle. | Reaktion auf spezifische Probleme oder Verbesserungsbedarf. |
Beteiligte | Das gesamte Unternehmen auf allen Ebenen. | Einzelne Abteilungen oder Teams. |
Wirkung | Umfassende, oft disruptive Auswirkungen. | Lokale und begrenzte Auswirkungen. |
Dynamik | Wird kontinuierlich weiterentwickelt und angepasst. | Endet nach Umsetzung des Projekts. |
Kultur & Mindset | Erfordert oft eine tiefgreifende Veränderung der Unternehmenskultur. | Kann mit bestehender Unternehmenskultur funktionieren. |
Doch wie gelingt eine nachhaltige Transformation?
Die nachfolgende Roadmap zeigt die wesentlichen Schritte für eine nachhaltige Transformation im produzierenden Mittelstand. Ziel ist es, Zukunftsfähigkeit, Resilienz und Wettbewerbsstärke zu sichern.
Analyse der Ausgangssituation
Zu Beginn steht eine umfassende Analyse des Status quo, um die Wettbewerbsfähigkeit, Risiken, Chancen und Schwachstellen zu verstehen. Ziel ist es, die Zukunftsfähigkeit zu sichern, Trends und Kundenerwartungen zu erkennen sowie Optimierungspotenziale in Prozessen und der Customer Journey aufzudecken. Dazu werden Methoden wie SWOT, PESTEL oder Benchmarking eingesetzt, Stakeholder und Kunden gezielt befragt und sowohl die Supply Chain als auch das Produktportfolio kritisch überprüft. So entsteht ein klares Bild der aktuellen Lage als Basis für alle weiteren Schritte.
Purpose, Mission, Vision und Werte
Im nächsten Schritt gilt es, eine nachhaltige Unternehmensvision zu entwickeln, die wirtschaftliche, soziale und ökologische Aspekte vereint. Ein klarer Purpose soll Orientierung geben und als Fundament für die Kultur und Strategie dienen. Dies erfolgt in gemeinsamen Workshops mit Führungskräften und Mitarbeitenden, in denen ein Leitbild erarbeitet und konkrete, messbare Meilensteine für die nachhaltige Entwicklung festgelegt werden. Im Backcast wird auf Basis eines gemeinsam definierten Zielbildes das IST bereichsübergreifend überprüft und die Maßnahmen definiert, die erforderlich sind, um das Ziel zu erreichen. Denn Transformation gelingt nur, wenn sie auf einem klaren Leitbild basiert
Strategie und Geschäftsmodell
Aufbauend auf der Vision werden resiliente, kundenorientierte Strategien entwickelt, die Nachhaltigkeitsziele berücksichtigen und ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell sichern. Dabei geht es auch darum, Finanzierung und Governance langfristig abzusichern. Hierzu gehören die Analyse bestehender Geschäftsmodelle, die Entwicklung innovativer Produkte und Services, die Ausgliederung von Aktivitäten außerhalb des Kerngeschäfts, der Aufbau eines Governance-Frameworks und einer marktgerechten Pricing-Struktur.
Ende-zu-Ende Prozesse und Organisation
Ein zentrales Ziel ist es, die operative Exzellenz durch Digitalisierung, Automatisierung und Effizienzsteigerung zu erreichen. Komplexität soll reduziert und gleichzeitig IT- und Cybersecurity gestärkt werden. Dazu wird die Organisation stärker prozessorientiert ausgerichtet, Silos werden aufgebrochen und Lean-Prinzipien eingeführt. Der Einsatz von KI, digitalen Zwillingen und Cloud-Technologien ermöglicht ggf. eine moderne, vernetzte Wertschöpfungskette. Entsprechend der zentralen Wichtigkeit dieses Bausteins werden wir diesem Thema Teil 3 unserer Beitragsreihe gesondert widmen.
Mitarbeiter und Kultur
Die Belegschaft wird gezielt darin unterstützt, Veränderungsbereitschaft zu entwickeln und eine innovationsfreundliche Kultur zu leben. Diversität, Inklusion und nachhaltige Praktiken werden gefördert, um Kreativität und Innovation als Wettbewerbsvorteil zu sichern. Dabei kommt transformationale Führung zum Einsatz, die Mitarbeitende durch Sinnstiftung, Vorbildwirkung und individuelle Förderung befähigt, ihr Potenzial zu entfalten und sich aktiv mit den Unternehmenszielen zu identifizieren. Ganz im Unterschied zu einer transaktionalen Führung, die stärker auf Regeln, Kontrolle, Belohnung und Sanktion ausgerichtet ist.
Langfristige Verankerung und Resilienz
Abschließend wird die Organisation auf langfristige Agilität und Resilienz ausgerichtet. Nachhaltigkeit soll fest in Finanz- und Lieferketten verankert und Risiken durch Diversifizierung und Notfallpläne minimiert werden. Ergänzend werden Business Continuity Management und systematisches Krisenmanagement etabliert. Resilienz entsteht, wenn Strategie, Struktur, Kultur und Mitarbeitende zusammenspielen. Hier geht es nicht um die Einhaltung von starren Plänen, sondern durch den Ausbau einer Fähigkeit, sich schnell und bewusst neu auszurichten.
Last but not least muss die Transformation durch transparente (Nachhaltigkeits-)Kommunikation gegenüber Kunden, Partnern, Stakeholdern und Mitarbeitenden begleitet werden. So soll Glaubwürdigkeit und Markenbindung gestärkt, ein positives Unternehmensimage aufgebaut sowie Loyalität, Motivation und ein respektvolles Miteinander gefördert werden.
Der Erfolg einer Transformation ist abhängig von klarem Leadership und einer konsequenten Umsetzung. Entscheidend ist der Mut zum Handeln, um Chancen zu nutzen und die Zukunft aktiv zu gestalten.
In der kommenden Ausgabe des DDIM.reporter // Winter 2025 rücken wir das Prozessmanagement in den Mittelpunkt. Wir zeigen, wie sich Wertschöpfungsprozesse bereichsübergreifend integrieren lassen, sodass Transformation im laufenden Betrieb Schritt für Schritt gelingt, getragen von den Menschen und begleitet von einer Kultur der kontinuierlichen Weiterentwicklung.
Bei der Erstellung dieses Reports kam KI punktuell als digitaler Sparringspartner zum Einsatz, ein praktischer Einblick in die Möglichkeiten heutiger KI-gestützter Zusammenarbeit mit Blick auf die Zukunft.
Bei der Erstellung dieses Reports kam KI punktuell als digitaler Sparringspartner zum Einsatz, ein praktischer Einblick in die Möglichkeiten heutiger KI-gestützter Zusammenarbeit mit Blick auf die Zukunft.
Als selbstständiger Interim-Manager und LEAN-Consultant übernimmt Harald Kimmerle gerne auch Verantwortung auf dem Shop-Floor. Mit 25 Jahren Erfahrung in leitenden Funktionen im Bereich Produktion, stehen dabei die Mitarbeiter im Mittelpunkt. Die Begeisterung für die gemeinsame Aufgabe, ein hohes Kunden- und Qualitätsbewusstsein und die Fokussierung auf das Prozessmanagement stehen dabei im Mittelgrund seines Handelns.
Petra Lüschen-Peters ist Finance und Transformation Managerin mit über 25 Jahren Führungserfahrung und Konzept: Einfach.Funktionieren.®. Als Sparringspartnerin von CxOs und Fachbereichen baut sie gemeinsam mit ihren Kunden, die Strukturen, Prozesse und Systeme auf, die moderne Unternehmen für die ganzheitliche (digitale) Steuerung ihres Business brauchen. Sie ist spezialisiert auf operative Exzellenz, nachhaltige Unternehmensentwicklung und die Steuerung komplexer Change- und Transformationsprogramme.
Als Interim Managerin mit Fokus auf Transformation und Restrukturierung begleitet Suzanne Wahab Unternehmen im gehobenen Mittelstand dabei, sich erfolgreich für die Zukunft aufzustellen. Nach zwanzig Jahren in Geschäftsführungspositionen international ausgerichteter, mittelständischer Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie setzt sie nun ihre Erfahrungen gezielt im Interim Management ein.
In den DDIM.fachgruppen haben sich Mitglieder zusammengeschlossen, die in unterschiedlichen Branchen und Funktionen tätig sind. Wir verstehen Prozessmanagement als strategischen Rahmen, um Unternehmen in Zeiten von Digitalisierung, Komplexität und Ressourcenknappheit zukunftsfähig aufzustellen. Prozesse sind die Grundlage dafür, dass Unternehmen bereichsübergreifend effektiv funktionieren. Über Ende-zu-Ende organisierte Prozesse gelingt es, Transformation konsequent umzusetzen und Menschen mitzunehmen.
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