Projektstory: Mit CRO auf den Worst-Case vorbereiten

Ein Beitrag von Andreas Lau und Christian Heuermann, Geschäftsführung HANSE Interim Management

Ein CRO im Unternehmen der Gebäudetechnik – wenn sich während der Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen abzeichnet, dass sämtliche Anstrengungen nicht reichen, sollte der nächste Schritt bereits vorgedacht und vorbereitet sein. Ein erfahrener CRO hat das im Blick.

Die Lage

Ein alteingesessenes in dritter Generation familiengeführtes Unternehmen im Bereich der Gebäudetechnik geriet in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Mit größeren Projekten und langen Projektlaufzeiten wurde im Bereich komplexer technischer Gebäudeausrüstungen eine Gesamtleistung von rund 35 Mio. EUR p. a. erwirtschaftet.

Dem ehemals sehr profitablen Unternehmen gelang es im Zuge des Generationenwechsels und einer Wachstumsphase nicht, die Prozesse und Strukturen den gestiegenen Anforderungen entsprechend weiterzuentwickeln. Zudem war der „Senior“ allgegenwärtig, was sich mit zunehmenden wirtschaftlichen Problemen noch verstärkte. Der Organisation fehlte es an einer mit Kompetenzen ausgestatteten zweiten Führungsebene sowie an fehlender Transparenz und Strategie in der Akquisition neuer Projekte und deren Umsetzung.

Aufgrund der eingetretenen Verlustsituation sowie Liquiditätsengpässen beauflagten die Hausbanken die Erstellung eines Sanierungsgutachtens entsprechend den BGH-Anforderungen.

Parallel zur Erarbeitung eines Sanierungskonzeptes, womit unsere Schwestergesellschaft HANSE Management Consulting beauftragt wurde, sollten Verbesserungsmaßnahmen unmittelbar umgesetzt werden, mit einem ersten Fokus auf der Sicherstellung der Liquidität.

Als CRO (Chief Restructuring Officer) setzte HANSE Interim Christian Heuermann ein.

Die Herausforderung

Das Consulting Team stellte die Durchfinanzierung (Fortführungsfähigkeit) sowie die Wettbewerbsfähigkeit (Sanierungsfähigkeit) in einem Prognosezeitraum von 24 Monaten sicher und definierte geeignete Maßnahmen zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation.

Der CRO schaffte zunächst Transparenz bei Liquidität und laufenden Projekten.

Nicht unüblich bei vergleichsweise patriarchalisch geführten Unternehmen, waren Informationen nur schwer verfügbar und Buchhaltung sowie Kostenrechnung werden eher als notwendiges Übel denn als Entscheidungshilfe gesehen. In diesem konkreten Fall wurde zudem Bauleistung mit Umsatz gleichgesetzt und Abschlagsrechnungen gemäß Projektfortschritt verumsatzt. Eine Bewertung der angearbeiteten, halbfertigen Projekte gab es nicht.

Die Realisierung von Abschlagszahlungen in den Projekten lief gut, sodass ein Großteil der Auftragswerte bereits vor Ende der Projekte realisiert werden konnte. Da das Unternehmen aus einer Phase geringerer Auftragsbestände kam, fehlten nunmehr aber die Abschlags- und Schlusszahlungen, um die neuen Projekte vorfinanzieren zu können.

In seiner Rolle als CRO baute Christian Heuermann zunächst hands-on eine rollierende 13-Wochen Liquiditätsplanung auf. Für den notwendigen Detaillierungsgrad wurde dafür für wesentliche Projekte ab 500 TEUR Auftragswert ein Einzelplanungsformat mit den Fachabteilungen erarbeitet, um die erwarteten Cashflows im Planungszeitraum aufzeigen zu können. So ergab sich schnell ein belastbares Bild der Liquiditätsentwicklung. Mit zwei Hauptlieferanten wurde aufgrund eines sich abzeichnenden Liquiditätsengpasses ein Zahlungsplan zur Begleichung von Verbindlichkeiten verhandelt und die Gesellschafter brachten frische (Nachrang-) Darlehen ein.

Auf dieser Basis konnte durch CRO und Berater auch das nötige Vertrauen in Richtung der Finanzierer aufgebaut werden und bei unterschiedlichsten Interessenlagen ein Stand-still bis zur Fertigstellung des gutachterlichen Sanierungskonzeptes erwirkt werden.

In dem gewonnenen Zeitfenster baute der CRO eine mitlaufende Projektkalkulation auf, die auch zur monatlichen Bewertung der laufenden Projekte Verwendung fand und so Ergebnisprognosen ermöglichte.

Mit dem Aufbau eines Managementteams und Ausstattung der Führungsebene mit Kompetenzen und Entscheidungsmöglichkeiten sowie der Definition und dem Nachhalten von Prozessen u. a. in den Phasen Projektangebot und -übergabe wurde Vertrauen und Commitment bei Mitarbeitern und nachhaltige Transparenz geschaffen.

Das Ergebnis

Die Veränderungen in der Organisation und den Prozessen führten zu einer deutlichen Steigerung der Motivation in allen Bereichen des Unternehmens und einer Emanzipation vom Senior-Chef. Mit Schaffung der Steuerungstools konnte auch eine strategische Geschäftsführung geschaffen werden.

Was nicht gelang, war die Vermeidung von Risiken aus dem hohen Projektauftragsbestand. Diese führten zu weiteren, nicht geplanten Verlusten und damit zum Verlassen des Sanierungspfades.

Zu diesem Zeitpunkt konnten die bereits aufgenommenen Gespräche mit Investoren intensiviert und sehr schnell konkretisiert werden. Aufgrund absehbarer weiterer Verlustrisiken wurde seitens des Unternehmers parallel eine auf Insolvenzrecht spezialisierte Anwaltskanzlei einbezogen, um mit CRO und Beratern ein Insolvenzszenario in Eigenverwaltung (§ 270a InsO) vorzudenken.

Das Konzept der Eigenverwaltung mit übertragener Sanierung i. R. eines Asset Deals mit Betriebsübergang wurde auch von den Finanzierern getragen. So konnte Kunden und Mitarbeitern eine gute Perspektive gegeben und ein noch höherer Schaden von Gläubigern und Gesellschaftern abgewendet werden.

Fazit

Auch wenn die operative Sanierung optimal voranschreitet, muss ein CRO für den Worst-Case vorbereitet sein und Handlungsoptionen durchdacht und ggf. angestoßen haben. Ein erfahrender CRO kann das.


Andreas Lau ist langjähriger geschäftsführender Partner in der HANSE Consulting Gruppe. Er ist seit Gründung standortübergreifend für die HANSE Interim Management GmbH zuständig und darüber hinaus für den Standort Düsseldorf der HANSE Management Consulting GmbH verantwortlich. Andreas Lau ist als Projektleiter in den Bereichen Restrukturierung, Ertragssteigerung, Interim Management und M&A tätig und verfügt über rund 20 Jahre Erfahrung in der Beratung und 7-jährige Erfahrung im Linienmanagement überwiegend mittelständischer Unternehmen. Er ist zuständig für die Vermittlung von Interim Managern, insbes. CROs, CEOs und CFOs. Er betreut die Interim Management Projekte von der Auswahl über die Vertragsgestaltung bis zum erfolgreichen Abschluss und Begleitung der Mandanten und Interim Manager während der gesamten Projektlaufzeit. Er verfügt über mehrjährige Erfahrung als interimistischer CRO.

Christian Heuermann ist Geschäftsführer der HANSE Interim Management GmbH und Interim Manager. Er ist als Interim Manager speziell in den Bereichen CRO/CFO und CPO tätig, seine Branchenerfahrung beinhaltet die produzierende Industrie (insbesondere Kabel und Leitungen), Maschinen- und Anlagenbau sowie Handel. Seine berufliche Karriere hat er im Firmenkundengeschäft einer deutschen Großbank gestartet, bevor er zu einer Big Four Beratungsgesellschaft wechselte. Nach einer ersten Zeit bei HANSE Consulting wechselte Herr Heuermann in die Industrie und verantwortete mittelständisch geprägte Konzernbereiche – national und international. Christian Heuermann verfügt über rund 15 Jahre Erfahrung in Beratung und Interim Management. Sein Fokus liegt dabei auf eigentümergeführten Unternehmen. Seine operative Managementerfahrung als Geschäftsführer/CFO und CPO in mehr als 10 Jahren ist die Grundlage für seine Tätigkeit bei HANSE Interim. Christian Heuermann übernimmt Projekte als operativ verantwortlicher Interim Manager. Er ist zuständig für die Vermittlung von Interim Managern, insbes. CROs und CFOs. Er betreut die Interim Management Projekte von der Vertragserstellung bis zum erfolgreichen Abschluss und begleitet Mandanten und Interim Manager während der gesamten Laufzeit.