Prof. Thüsing und die FEFA machen sich für Selbständige stark
Prof. Thüsing und die FEFA machen sich für Selbständige stark
Mit Unterstützung des Forums für den Einsatz flexibler Arbeit in Deutschland (FEFA), an dem die DDIM beteiligt ist, hat der Bonner Arbeitsrechtler Prof. Dr. Gregor Thüsing eine Stellungnahme zum aktuellen Werkvertrags-Gesetzesentwurf verfasst.
Link zur Stellungnahme (PDF Download)
Prof. Thüsing gilt als führender Experte zum Thema Scheinselbstständigkeit in Deutschland. Für sein Buch „Scheinselbstständigkeit im internationalen Vergleich“ hat er entsprechende Regelungen in 27 Staaten miteinander verglichen.
Unter dem Titel „Für mehr Rechtssicherheit und praxisnahe Regelungen bei der Nutzung von Werk- / Dienstverträgen (…)“ macht er sich für Selbständige stark. So verweist er auf die im Grundgesetz verankerte, geschützte Privatautonomie und Berufsfreiheit und fordert Rechtssicherheit – auch im Interesse der Auftragnehmer.
Er eröffnet seine Stellungnahme mit einem Zitat aus der Begründung des Gesetzesentwurfs: „In einer arbeitsteiligen Wirtschaft sind Werkverträge unverzichtbar“ und verweist auf die grundrechtlich geschützte Privatautonomie und Berufsfreiheit (Artikel 2 bzw. 12 Grundgesetz).
„Selbstständigkeit muss ernst genommen werden“
In seiner Argumentation betont er die Interessen der Selbstständigen: „Es entspricht dabei gerade dem Interesse hochspezialisierter Fachkräfte wie Ingenieure oder IT-Dienstleister, selbständig im Rahmen eines Werk- oder Dienstvertrags Leistungen zu erbringen. (…) Selbstständigkeit muss ernst genommen werden. Sie fußt nicht auf dem Willen, Sozialversicherungsabgaben zu vermeiden, sondern ist Ausdruck des unternehmerischen Willens.“
Ein weiterer Schwerpunkt seiner Argumentation ist der Bedarf nach mehr Rechtssicherheit – im Interesse auch der Auftragnehmer: „Eine klare und eindeutige Lösung tut Not. (…) Rechtssicherheit und Rechtsklarheit sind hohe Güter, die nicht zuletzt als Ausprägungen des Rechtsstaats im Grundgesetz Niederschlag gefunden haben. (…) Die derzeit herrschenden Rechtsunsicherheiten führen letztlich zu Wettbewerbsverzerrungen, weil viele große Unternehmen mittlerweile ihre Zusammenarbeit mit Selbstständigen eingestellt haben.
Prof. Thüsing weist damit auf eine negative Auswirkung hin, die bereits im Vorfeld des Gesetzgebungsverfahrens eingetreten ist und die die DDIM in den Gesprächen mit politischen Entscheidungsträgern dieses Jahr stets besonders betont hat.
Gesetzentwurf stärkt Rechtssicherheit nicht
Der bestehende Gesetzesentwurf scheitert laut Thüsing an der selbst gestellten Aufgabe: „Zur Stärkung der Rechtssicherheit kann der vorliegende Entwurf jedoch nichts beitragen“. Thüsing stellt fest, dass die acht im Gesetzesentwurf ausgewählten Kriterien nur einige aus vielen sind. Die Kriterien seien zudem schlecht gewählt, es gäbe in der Rechtsprechung andere, deutlich wichtigere Kriterien. Und einige der ausgewählten Kriterien seien schlichtweg falsch und unzweckmäßig zur Abgrenzung.
Mehrfach kritisiert Thüsing das Fehlen von positiven Kriterien, die FÜR die Selbstständigkeit sprechen.
Branchenspezifische Regelungen, Positivkriterien sowie Musterverträge gefordert
Prof. Thüsing schlägt vor,
- branchenspezifische Regelungen zu schaffen,
- Positivkriterien festzuschreiben,
- Musterverträge zur Verfügung zu stellen und
- das geltende Recht besser zu überwachen.
Branchen- oder gar tätigkeitsspezifische Regelungen könnten die über Jahrzehnte entwickelte differenzierte Rechtsprechung besser abbilden. Diese müssten in Form von Verordnungen oder Handlungsempfehlungen des Ministeriums umgesetzt werden.
„Rechtssicherheit für die Praxis sollte dringend dadurch verstärkt werden, dass im Sinne eines Positivkatalogs Merkmale für unbedenkliche Werk- oder Dienstverträge oder entsprechende Fallgruppen aufgezeigt werden.“
Weiter schlägt Thüsing vor, das Ministerium solle Musterverträge erarbeiten mit Formulierungsbeispielen, wie z.B. in Werkverträgen das einzelne Werk möglichst konkret zu definieren ist. Als Beispiele für Positivkriterien nennt er z. B. die Berücksichtigung von Verdienstgrenzen.
Stellungnahme der DDIM
An vielen Erläuterungen im Gesetzesentwurf wird deutlich, dass die Botschaften aus den Gesprächen und Veranstaltungen über die Bedeutung der Flexibilität bei Fach- und Führungskräften und die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung des Einsatzes solcher externer Experten verstanden worden sind. Auch die Idee der Beschränkung weiterer Regulierungen auf schutzbedürftige Gruppen, z. B. gemessen an der Einkommenshöhe, ist angekommen. Leider bleibt die handwerkliche Ausführung aber hinter allen Erwartungen an ein praxistaugliches, wirtschaftsfreundliches Gesetz, das Rechtssicherheit schafft, weit zurück. Die vorgeschlagenen Kriterien im Referentenentwurf entsprechen schlicht nicht der wirtschaftlichen Realität im Jahr 2015, geschweige denn, dass sie zukunftstauglich wären.
Die DDIM unterstützt die Lösungsvorschläge von Prof. Thüsing und wird sich im Rahmen der politischen Allianzen aktiv in die Abstimmung von Lösungsvorschlägen für die Überarbeitung des Gesetzesentwurfs einbringen.