Nachhaltige Transformation: Trotz Energiekrise finanzierbar?

Ein Beitrag von DDIM Partner Carl-Jan von der Goltz, geschäftsführender Gesellschafter // Maturus Finance GmbH

Die aktuelle Energiekrise setzt Unternehmen vor allem durch die explodierten Preise unter Druck. Kosten und Inflationsraten dürften sich auch im kommenden Jahr weiter nach oben bewegen. Experten beobachten zudem einen deutlichen Anstieg der Insolvenzen. Das dürfte sich auch auf die Arbeit von Interimsmanagern auswirken; hier werden Distressed-Fälle in nächster Zeit zunehmen. Doch neben der Überwindung von Notlagen, muss Interim Management heute auch immer mehr Starthilfe bei der Umsetzung von Transformationsprozessen und Nachhaltigkeitsprojekten bieten. Deren Finanzierung ist oft alles andere als trivial. Im Blogbeitrag beschreibt Autor Carl-Jan von der Goltz Herausforderungen und objektbasierte Finanzierungslösungen, die auch angesichts der aktuellen Umstände greifen.

Objektbasierte Ansätze unterstützen Interimsmanager in der angespannten Zeit

Interim Management erfordert pragmatische Konzepte, um Unternehmen in einem knappen Zeitrahmen bei der Bewältigung drängender Herausforderungen zu unterstützen. Daher muss auch die Finanzierung angemessen und flexibel in der jeweiligen Situation greifen. Nicht selten ist sie der Dreh- und Angel- – aber auch der Knackpunkt – eines Lösungskonzeptes; gerade in Phasen, in denen ein Interimsmanager in ein Unternehmen gerufen wird, sind die Zahlen und die Ertragslage des Betriebes oft nicht optimal.

Aktuell stehen viele Unternehmen etwa durch die Energiekrise unter Druck. Experten sehen die durchschnittliche Inflationsrate dieses Jahr bei mittlerweile acht Prozent und mehr. Nächstes Jahr soll sie noch höher liegen – die führenden Wirtschaftsinstitute[1] rechnen 2023 mit 8,8 Prozent. Die Lage ist zum Zerreißen gespannt, die Insolvenzen steigen derzeit stark an, wie der Insolvenztrend[2] des Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung Halle zeigt. Demnach befanden sich diesen September 34 Prozent mehr Unternehmen in der Insolvenz als im Vorjahresmonat. Im November 2022 könnten es laut der Experten sogar bereits 40 Prozent sein.

Transformation vor dem Hintergrund der Energiekrise

Interimsmanager dürften diese Entwicklung bei ihrer Arbeit in den nächsten Monaten deutlich zu spüren bekommen. Hier werden die Restrukturierungs- und Sanierungsaufgaben wohl stark zunehmen. Doch mit rein finanzwirtschaftlichen Maßnahmen ist es dabei in der aktuellen Zeit nicht getan. Neben multiplen Schocks wie dem Ukraine-Krieg, der Energiekrise, Lieferengpässen oder dem Fachkräftemangel befindet sich die Wirtschaft zeitgleich auch in einer Phase massiver Transformation: Die Mobilität wandelt sich rasant, die Digitalisierung hat sich seit der Corona-Pandemie noch einmal beschleunigt, Automatisierung, KI und Industrie 4.0 werden in den nächsten Jahren immer stärker die Arbeit im produzierenden Gewerbe bestimmen. Zahlreiche Unternehmen müssen ihre Strukturen, ihre Partnerschaften oder gar ihre Geschäftsmodelle anpassen, um mit der Entwicklung schritthalten zu können. Sonst könnte es um die Wettbewerbsfähigkeit bereits mittelfristig nicht mehr gut bestellt sein. Ein Megatrend und Entwicklungstreiber, der dabei keinesfalls vergessen werden darf, ist das Thema Nachhaltigkeit.

Sustainability als zentrale Aufgabe

Durch die verschärften Klimaziele Deutschlands – das bis 2045 CO2-neutral werden muss –, Themen wie CO2-Abgabe, Lieferkettengesetz, Kreislaufwirtschaft und die von der EU festgelegten Nachhaltigkeitsstandards steht Sustainability bei vielen Unternehmen auf der Tagesordnung. Auch das Interim Management ist längst durch Nachhaltigkeitsaspekte und Transformation geprägt. In den nächsten Jahren werden entsprechende Ansätze und Anforderungen noch viel mehr Aufmerksamkeit erfordern. Die Komplexität wird steigen, aber auch die Möglichkeiten und Chancen werden sich weiter ausdifferenzieren. Um Interimsmanagern Einblicke zu geben, Impulse zu verschaffen und ihnen Lösungswege aufzuzeigen, steht auch der diesjährige DDIM-Kongress am 28. Und 29. Oktober ganz im Zeichen des grünen Megatrends. „Successful. Sustainable. Business. Nachhaltigkeit im Interim Management.“ lautet das Motto der Veranstaltung in Düsseldorf.

Neue Wege beschreiten – auch in der Finanzierung

Selbstverständlich erfordern nachhaltige Entwicklungen aber Kapazitäten, Ressourcen und Potenziale. Gerade für Interimsmanager kommt es zudem darauf an, dass Lösungsansätze unter wirtschaftlicher Anspannung greifen und schnell umsetzbar sind – die aktuelle Krise potenziert diese Anforderungen noch einmal. Klassische Bankpartner tun sich dabei jedoch oft schwer. Meist können sie Maßnahmen nicht in der erforderlichen Höhe und in der benötigten Geschwindigkeit mit Fremdkapital begleiten. Gerade in der aktuellen Zeit der Energiekrise und der geopolitischen Auseinandersetzungen sind die Kredithäuser verunsichert, sehen bei immer mehr Branchen Risiken und agieren entsprechend zurückhaltend. Ganz zu schweigen von den in den letzten Jahren immer weiter verschärften Eigenkapitalvorschriften und Grenzen bei der Verschuldungsquote. Eine top Bonität ist längst das entscheidende Kriterium, wenn es um die Kreditvergabe geht. Klassische Fremdfinanzierer stehen in komplexen Situationen daher oftmals nicht zur Verfügung. Deshalb kommt es im Interim Management auf einen guten Überblick über strategische Finanzierungsalternativen und einen schnellen Zugriff darauf an. Neben Fintech-Lösungen, Leasing oder Factoring eignen sich auch objektbasierte Modelle wie Sale & Lease Back oder Asset Based Credit, um Transformationsprozesse und nachhaltige Veränderungen zu finanzieren. Denn diese Finanzierungsarten sind weitestgehend bonitätsunabhängig, greifen auch in Sondersituationen und sind zeitnah umsetzbar.

Sale & Lease Back: aus eigener Kraft (re-)kapitalisieren

Bei Sale & Lease Back (SLB) handelt es sich um eine reine Innenfinanzierung, die sich besonders für Interimsmanager maschinenreicher KMU eignet. Ein Betrieb verkauft im Rahmen eines SLB seinen werthaltigen, mobilen und fungiblen Maschinen-, Anlagen- oder Fuhrpark und mietet ihn direkt wieder zurück. Dadurch wird, je nach Assets, Liquidität teils in erheblichem Umfang frei. Wenn die Vermögensgegenstände in der Unternehmensbilanz größtenteils abgeschrieben sind, können dabei zudem stille Reserven gehoben werden. Durch SLB steht Interimsmanagern ein Finanzierungsansatz zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, zur Abfederung gestiegener Energie- und Materialkosten, aber auch für Investitionen in nachhaltige Strukturen, Prozesse oder Technologien zu Verfügung. Selbst in unternehmerischen Schieflagen können damit Restrukturierungen, Sanierungen oder Insolvenzen finanziell abgestützt werden. Die Auftragsvorfinanzierung nach einer überstandenen Krise ist ebenfalls möglich.

In der Regel dauert es bei SLB von der ersten Anfrage bis zur finalen Auszahlung des Kaufpreises drei bis sechs Wochen. Durch das direkte Zurückmieten und Weiternutzen der jeweiligen Maschinenparks wird das operative Geschäft nicht beeinträchtigt. Bei Sale & Lease Back liegt das Finanzierungsvolumen meist zwischen 400.000 und 15 Millionen Euro. In Einzelfällen kann es auch darüber hinausgehen.

Asset Based Credit: bonitätsunabhängiger Spezialkredit

Ein Asset Based Credit bietet Interimsmanagern von Produzenten, Händlern, Dienstleistern und oft auch von jungen Wachstumsunternehmen die Gelegenheit, sämtliche im Betrieb verfügbaren Assets als Sicherheiten zu nutzen. Selbst Umlaufvermögen, das von klassischen Bankpartnern kaum als Sicherheit akzeptiert wird, kann hier der Besicherung dienen. Damit steht eine umfassende Bandbreite an Optionen zur Verfügung: Von Anlagevermögen wie gebrauchten Maschinen über das Handels- und Fertigwarenlager bis hin zu Sachwerten oder Immobilien. Durch die Objektfokussierung ist das Modell weitestgehend bonitätsunabhängig.

Der Spezialkredit unterstützt beim Absichern des operativen Geschäfts unter den aktuellen Herausforderungen. Die kurz- bis mittelfristige Lösung eignet sich zudem als Überbrückungsfinanzierung. Auch Automatisierungsvorhaben oder die Implementierung etwa von nachhaltigen Kreislaufsystemen sowie Effizienztechnologien oder weitere Transformationsprojekte lassen sich damit anstoßen. Selbst in der Restrukturierung oder Sanierung greift das Modell. Die beleihbaren Summen liegen dabei zwischen 250.000 und fünf Millionen Euro. Die Laufzeiten der Kredite bewegen sich im kurz- bis mittelfristigen Bereich.

[1] https://gemeinschaftsdiagnose.de/2022/09/29/gemeinschaftsdiagnose-herbst-2022-energiekrise-inflation-rezession-wohlstandsverlust/

[2] https://www.iwh-halle.de/presse/pressemitteilungen/detail/iwh-insolvenztrend-zahl-der-firmenpleiten-weiter-steigend/

Carl-Jan von der Goltz ist geschäftsführender Gesellschafter der Hamburger Finanzierungsgesellschaft Maturus Finance. Zuvor war er als Senior Risk Manager für strukturierte Finanzierungen bei der HypoVereinsbank in München tätig. Carl-Jan von der Goltz studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Freiburg sowie Hamburg und absolvierte sein Assessor-Examen in Düsseldorf. Weiterhin erwarb er den Abschluss „Master of Laws“ (LL.M.) in Mercantile Law an der University of Stellenbosch, Südafrika, und absolvierte eine Ausbildung zum Bankkaufmann beim Bankhaus M.M.Warburg & CO in Hamburg. Die bankenunabhängige Finanzierungsgesellschaft Maturus Finance bietet alternative Lösungen, um KMU bonitätsunabhängig Liquidität zuzuführen – deutschlandweit und in Österreich.