Ist Restrukturierung wieder ein Thema?

Norbert Eisenberg, Managing Partner, Boyden Interim Management

Wenn man sowohl in Deutschland wie auch international auf die gesamtökonomischen Zahlen blickt, kann man kaum von einer bereits eingetretenen Krise sprechen. Allerdings mehren sich die Restrukturierungsfälle in einigen Branchen, bei uns insbesondere im Bereich der Automobilzulieferer und des Maschinen- und Anlagenbaus.

Die Situation verlangt besondere Aufmerksamkeit, weil sich strukturelle, konjunkturelle, technologische und politische Faktoren in schwierig zu prognostizierender Weise verbinden und schnell verlaufende kritische Entwicklungen möglich machen. Unternehmen sollten sich also entsprechend vorbereiten, um solche Entwicklungen sicher zu bestehen und möglichst gestärkt gegenüber ihrem Wettbewerb daraus hervorzugehen.

Speziell in der Automobil- und -zulieferindustrie wird die Situation durch die Verbreitung des Coronavirus verschärft. Für große Hersteller ist China inzwischen wichtigster Markt, im Zulieferbereich wiegt allerdings noch schwerer die Störung der Zulieferketten – was im Übrigen auch für andere Industrien mit starker Bezugsbasis in China, wie beispielsweise die Pharmaindustrie, gilt. Hier sind aus meiner Sicht kurzfristig Stützungsmaßnahmen auch regierungsseitig, z. B. auch Bürgschaftsgewährungen, und eine enge Abstimmung von Zulieferern, Kunden, Finanzpartnern und öffentlicher Hand, erforderlich.

Die Interviews im Folgenden haben vor dem Ausbruch dieser Infektionswelle stattgefunden, sodass hierauf noch nicht eingegangen werden konnte.

Bereits die letzte Krise 2008/2009 hat gezeigt, dass die Unternehmen, die rechtzeitig Maßnahmenprogramme definiert und dann auch umgesetzt haben, am Ende mit verbesserter Wettbewerbsposition dastanden.

Crisis Readiness ist also für alle Unternehmen ein Thema, auch wenn sie sich heute noch nicht in einer Restrukturierungssituation befinden.

Was ist also zu tun?

Unternehmen müssen die Risiken verstehen, die sich im bestehenden Geschäftsmodell, aber auch durch disruptive Veränderungen ergeben – sowohl die eigenen, aber auch die ihrer Kunden und Lieferanten.

Sind diese Risiken definiert, ist erforderlich:

  • die Entwicklung von Maßnahmenprogrammen, um mit den jeweiligen Risiken umzugehen
  • Definition der Verantwortlichkeiten und Prozesse im Management für deren Umsetzung
  • Planung der Kommunikation nach innen und nach außen mit dem Ziel, Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit zu erhalten
  • Sicherung einer stabilen finanziellen Basis
  • Identifikation von Partnern im Umgang mit der Krise, z. B. Rechts- und Unternehmensberater, Interim Management, Kommunikationsberater.

Unternehmen sollten allerdings bereits heute ihre „Hausaufgaben“ machen und Maßnahmen umsetzen, die zur Steigerung von Effizienz und Effektivität möglich sind – Fitness ist in guten und in schlechten Zeiten wertvoll.

Das betrifft insbesondere auch solche evidenten Maßnahmen, die man vielleicht in der langen Zeit prosperierender Ökonomie, möglicherweise auch mit Rücksicht auf den einen oder anderen Stakeholder, nicht hat umsetzen wollen.

Nutzen sollte man auch Chancen, das eigene Geschäftsmodell zukunftssicher zu gestalten und sich personell dort zu verstärken, wo neue Skills erforderlich sind. Bei unseren Klienten, die sich erfolgreich auf eine ungewisse Zukunft vorbereiten, sehen wir im Personalbereich derzeit sowohl Anpassungen wie auch Aufbau neuer Talente. Ökonomisch schwierige Phasen bieten auch immer wieder die Möglichkeit, die eigene Position durch Unternehmensakquisitionen zu stärken – hier sehen wir derzeit allerdings auf der Seite der strategischen Investoren eher Zurückhaltung, während Private Equity-Investoren teilweise konsequent Buy-and-Build-Strategien umsetzen. Bei unseren Industrieklienten sind wir dagegen eher mit Carve-out-Themen bezüglich nicht mehr zur Kernstrategie gehörender Geschäftseinheiten befasst.

Unsere Aufgabe ist es, Unternehmen Handlungssicherheit durch in solchen Situationen erfahrene Manager zu geben – ob auf C-Level einschließlich CRO, Mitverantwortung für Projekte, für einzelne Unternehmenseinheiten oder Funktionen, einzeln oder im Team.

Norbert Eisenberg berät seit 2006 als Managing Partner von Boyden erfolgreich unsere internationalen Klienten bei der Besetzung von Managementpositionen der obersten Führungsebene, egal ob im Private Equity Besitz, familiengeführt oder börsennotiert. Seine Schwerpunkte sind Automobil- und Zulieferindustrie, Maschinenbau, Finanzdienstleistungen sowie Turnaround- und Restrukturierungsprojekte, Unternehmenskäufe und –Verkäufe.

www.boyden.com