Ehrbarer Interim Manager und ehrbarer Auftraggeber | Teil 1 – Ethisches und ehrbares Handeln

Ein Beitrag von Rudolf X. Ruter // Experte für Corporate Governance

Ethisches und ehrbares Handeln

Die Themen meiner letzten Kolumnen waren Vertrauen, Glaubwürdigkeit, Verlässlichkeit und die Reputation und Persönlichkeit des Interim Managers. Was ist der Unterschied zwischen „Managen“ und „Führen“? Welches sind die Elemente einer nachhaltigen Unternehmensführung? Wie trägt der Interim Manager hierzu wesentlich bei?

Die aktuellen Diskussionen zeigen, dass wir zurückkehren müssen, zum „ehrbaren Kaufmann“, zum „Handschlag“ und zum „geraden, tiefen Blick in die Augen“ unserer Vertragspartner.

Die Ethik (griechisch „das sittliche Verständnis) beschäftigt sich mit dem menschlichen Handeln und der dahinterstehenden Moral. Anders ausgedrückt: die Ethik gibt uns Leitplanken für unser tägliches Tun. Und es gibt viele Leitplanken. Eine immer öfter zitierte Leitplanke lautet: „Was legal ist, ist nicht immer auch legitim“. Dies gilt natürlich und zuallererst für den ehrbaren Manager.

Die Brockhaus-Enzyklopädie beschreibt Ehre „als die Anerkennung unserer persönlichen Werte durch andere Menschen bzw. die Anerkennung unserer Person und unseres Verhaltens durch unser eigenes Gewissen (äußere und innere Ehre)“.  Durch Worte und Handlungen aufgrund geschätzter Tugenden im mitmenschlichen Zusammensein wachsen die Achtung gegenüber einer Person und sein guter Ruf. Die Gemeinschaft schätzt ihn als ehrbaren Geschäftsmann.

Ehrbarer Interim Manager

Was ist ein ehrbarer Interim Manager? In Anlehnung an eine Definition von Daniel Klink zum „Ehrbaren Kaufmann“ könnte man diesen wie folgt beschreiben: Der „ehrbare Interim Manager“ sieht Moral und Wirtschaftlichkeit nicht als Gegensatz, sondern als Bedingung. Wirtschaftlichkeit bedeutet das Schaffen nachhaltiger Werte. Das Handeln von Unternehmer/innen steht im Einklang mit der Gesellschaft und erfordert neben wirtschaftlichem Fachwissen und der Ausprägung einer verantwortlichen Persönlichkeit eine umfangreiche humanistische Bildung. Konkreter formuliert lassen sich folgende Parameter anführen: Ehrlichkeit, Vorsicht, Vertrauen schaffen, Wahrung von Geschäftsgeheimnissen, Wagemut im richtigen Moment, Friedensliebe, Ernsthaftigkeit, Höflichkeit, Klugheit, Ordnung, gute Erscheinung und nicht zuletzt eine gute Erziehung.

Bereitschaft zur persönlichen Haftung

„Wer den Nutzen hat, muss auch den Schaden tragen“ hat es der Ökonom und einer der Väter der sozialen Marktwirtschaft Walter Eucken schon früh formuliert. Eucken begründete diese Maxime so: „Haftung ist nicht nur eine Voraussetzung für die Wirtschaftsordnung des Wettbewerbs, sondern überhaupt für eine Gesellschaftsordnung, in der Freiheit und Selbstverantwortung herrschen.“

Für einen ehrbaren Interim Manager ist es selbstverständlich, dass er seine persönliche Haftung für Pflichtverletzungen im Rahmen seiner Verantwortung und seines Handelns akzeptiert. Seine jederzeitigen transparenten Handlungen und die Nachvollziehbarkeit seiner Entscheidungen sind für ihn selbstverständlich und er ist immer bereit zur persönlichen Evaluation und Beurteilung seiner Verantwortlichkeiten.

Reputation und Persönlichkeit des ehrbaren Auftraggebers

Reputation und Persönlichkeit sind die Basis für Authentizität, Integrität und Aufrichtigkeit einer glaubwürdigen und verlässlichen Führungskraft, der man jederzeit vertrauen kann. Vertrauen ist gut – Kontrolle ist aber immer besser – auch oder erst recht in den Bereichen Werte und Ethik. Hierzu ist es unabdingbar, dass – bevor die persönlichen Wertvorstellungen eines Interim Managers eruiert werden – der Auftraggeber bzw. das beauftragende Unternehmen seinerseits sich seiner „eigenen Wertvorstellungen“ bewusst ist.

Wie lauten also die „Soll-Werte“ des beauftragenden Unternehmens sowohl in Form der eigenen Vorschriften (own law) wie Code of Ethics, Verhaltensrichtlinien etc. als auch in Form von freiwillig akzeptierten Vorschriften (soft law) wie Deutscher Corporate Governance Kodex, UN Global Compact, „Leitbild für verantwortliches Handeln in der Wirtschaft“ oder einem Nachhaltigkeits-Kodex etc.?

Wie ist der tatsächliche „Walk the Talk“ im Unternehmen des Auftraggebers? Leben die Mitarbeiter und zuallererst deren Führungskräfte diese eigenen Werte (z.B. Respekt vor Menschen) und wenden Sie diese im Tagesgeschäft auch an? Umfragen berichten, dass nur etwa die Hälfte der befragten Beschäftigten Kenntnis von der Unternehmenskultur ihres Arbeitgebers hat; lediglich 17 Prozent vertreten die Ansicht, dass die Führungskräfte in ihrem Unternehmen sich entsprechend ihres Leitbilds verhalten.

Reputation und Persönlichkeit des Interim Manager

Eine nachhaltige Unternehmensführung ohne Wertorientierung ist nicht möglich. Sie wird in den Köpfen und in den Taten der involvierten Menschen gelebt. Diese Wertorientierung zu kennen, ist unabdingbar. Demzufolge sollte ein Auftraggeber beim ‚Motivieren’ weiterer (Interim-) Führungskräfte für das eigene Unternehmen bestimmte ethische Sorgfaltspflichten anwenden, d.h. nur solche Interim Manager anstellen, die den bereits vorhandenen Unternehmens-Werte-Kanon akzeptieren und auch weiterleben können.

Der Auftraggeber muss auf folgende Fragen klare Antworten haben

  • Wie lauten unsere Werte im Unternehmen?
  • Leben wir diese Werte? Stehen wir für diese Werte ein?
  • Sind wir stolz auf unsere Werte?
  • Müssen diese Werte an die heutige und vor allem an die zukünftige Unternehmensentwicklung angepasst werden?

Der Auftraggeber muss vom Interim Manager in Erfahrung bringen

  • Wie lauten die Werte des Kandidaten?
  • Kennt er den DDIM-Ehrenkodex?
  • Kennt der Kandidat unsere Werte?
  • Akzeptiert der Kandidat unsere Werte?
  • Wird die Interims-Führungskraft unsere Werte mit Stolz vertreten?
  • Ist der Interims-Manager eine „Bereicherung“ für unsere Wertorientierung?

Ohne eine „Ethical Due Diligence im Recruitment“ werden diese Fragen unbeantwortet bleiben. Wichtig ist, dass dabei der Interim Manager und der Auftraggeber beide E+H+R+B+A+R gleich buchstabieren.

Die vorstehenden Gedanken sind dem im Juni 2015 erschienen Buch „Tugenden eines ehrbaren Aufsichtsrats“ aus dem Erich Schmidt Verlag entnommen.

Rudolf X. Ruter, ist Wirtschaftswissenschaftler, Autor, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Finanzexperte im Sinne des AktG und Unternehmensberater und gilt als einer der anerkanntesten Fachexperten für das Thema Corporate Governance in Deutschland. Er ist derzeit u. a. Mitglied der Expertenkommission des Deutschen Public Corporate Governance – Musterkodex und Mitglied des Beirats Financial Experts Association e.V. (Berufsverband für Aufsichtsräte), der Beiräte Baden-Württemberg und Mitglied der Deutschen Digitalen Beiräte. Er hat zahlreiche Publikationen u. a. zum Thema Nachhaltigkeit, Corporate Governance, Compliance, Aufsichtsrat/Beiräte und Unternehmensführung veröffentlicht und moderiert den zweiwöchigen Livestream / Video / Podcast „Aufsichtsrats-Talk“ bei Directors Academy.

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