Gastbeitrag unseres Partners Mütze Korsch Rechtsanwaltsgesellschaft mbH

Der GmbH-Geschäftsführer und das Thema Scheinselbständigkeit

Dr. Stefan Krüger von unserem Assoziierten Partner, Mütze Korsch Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, über die aktuelle Rechtslage für GmbH-Geschäftsführer und das Thema Scheinselbständigkeit:

Die vertraglichen Gestaltungsmöglichkeiten im Interim-Management sind mannigfaltig. Mitunter wird von Kunden explizit die Tätigkeit als Geschäftsführer gewünscht. Ebenso ist es das Selbstverständnis einiger Interim Manager, dass sie nur dann tätig werden, wenn sie auch Geschäftsführer werden. Hintergrund sind nicht zuletzt die regelmäßig größeren Durchsetzungsmöglichkeiten, namentlich in Sanierungssituationen.

1. Im „Normalfall“ (außerhalb des Interim Managements) gilt für den Geschäftsführer Folgendes:

  1. Der Geschäftsführer wird gesellschaftsrechtlich von der Gesellschafterversamm­lung zum Geschäftsführer bestellt. Er ist Organ der Gesellschaft.
  2. Auf der vertraglichen Ebene schließt der Geschäftsführer mit der Gesellschaft einen Dienstvertrag ab.Arbeitsrechtlich ist der Geschäftsführer grundsätzlich kein Arbeitnehmer. Für Streitigkeiten ist daher regelmäßig das Landgericht zuständig.
  3. Anders stellt sich dies sozialrechtlich Hier geht das Bundessozialgericht – im Einklang mit der herrschenden Meinung in der juristischen Literatur und Rechtsprechung – grund­sätzlich von einer abhängigen Beschäftigung und somit Sozialversicherungspflicht aus (vgl. hierzu etwa Bundessozialgericht, Urteil vom 14.03.2018, Az.: B 12 KR 13/17R, auch zu den nachfolgenden Ausführungen).Dies ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsver­hältnis. Anhaltspunkte hierfür sind die Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.Dies wiederum setzt eine persönliche Abhängigkeit des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber voraus. Kriterien hierfür sind namentlich die Eingliederung in den Betrieb, und dass der Arbeitnehmer hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung einem umfassenden Weisungsrecht unterliegt.Dem ist die selbständige Tätigkeit gegenüber zu stellen. Kriterien hierfür sind namentlich das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Ver­fügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit.

    Ob eine selbständige Tätigkeit vorliegt, ergibt sich im Ergebnis aus einer Abwägung aller Umstände des Einzelfalls.

    Bei dem Gesellschafter-Geschäftsführer nimmt das BSG dann eine selbständige Tätigkeit an, wenn der Geschäftsführer mehr als 50 % der Geschäftsanteile hält oder bei einer ge­ringeren Beteiligungshöhe gesellschaftsrechtlich eine „echte“ oder „qualifiziert“ Sperrmi­norität hat, die auch gesellschaftsvertraglich begründet sein muss. Vereinfacht muss der Geschäftsführer ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhin­dern können.

    Demgegenüber nimmt das BSG beim Fremdgeschäftsführer regelmäßig eine abhängige Tätigkeit an.

2. Wie ist die Situation bei Interim Managern?

  1. Gesellschaftsrechtlich gelten die obigen Ausführungen.
  2. Vertragsrechtlich besteht im Grundfall (ohne Provider) ein Interim Management Vertrag zwischen Interim Manager (bzw. dessen Gesellschaft) und Gesellschaft.Bei „Zwischenschaltung“ eines Providers ist die Gesellschaft vertraglich mit dem Provider verbunden, der Provider selbst hat einen Providervertrag mit dem Interim Manager. Auf dieser Basis wird der Interim Manager dann bei der Gesellschaft tätig.

    Beim „Vermittlungsmodell“, das von einigen Providern angeboten wird, besteht wie beim Grundfall der (vom Provider vermittelte) Interim Management Vertrag zwischen Interim Manager und Gesellschaft. Die (Provisions-)Vergütung erhält der Provider entsprechend der jeweiligen Vereinbarung regelmäßig von der Gesellschaft, gelegentlich aber auch vom Interim Manager.

    Schließlich bieten einige Provider auch die Vereinbarung von Arbeitnehmerüberlassung an, bei der der Interim Manager Arbeitnehmer des Providers ist und von diesem an die Gesellschaft überlassen wird.

  3. Wie aber stellt sich dies sozialrechtlich dar? Liest man gerade das o.a. Urteil des Bundessozialgerichts, scheinen dessen Ausführungen grundsätzlicher Natur zu sein und behalten auch – neben den obigen Punkten – keine wei­teren Ausnah­men. Daher dürfte eine abweichende Behandlung zunächst einmal jedenfalls problema­tisch sein. Da das Bundessozialgericht gesellschaftsvertragliche Regelungen für erforderlich hält, dürfte auch ein „guter“ Interim Management Vertrag, der auch entspre­chend praktiziert wird, eher nicht ausreichend sein.Andererseits betont das Bundessozialgericht in ständiger Rechtsprechung, dass es jeweils Einzelfallent­scheidungen sind (so auch in obigem Urteil).

    Insoweit dürfte ein Wertungswiderspruch be­stehen, wenn ein Interim Manager, der im konkreten Fall ohne Organstellung nicht sozial­versicherungspflichtig wäre, allein aufgrund seiner Organstellung doch sozialversiche­rungspflichtig wäre.

    Diese Frage ist – soweit ersichtlich – noch nicht höchstrichterlich geklärt. Gerade vor dem Hintergrund der persönlichen zivilrechtlichen Haftung des Geschäftsführers für die Nicht­abführung von Sozialversicherungsbeiträgen, die auch strafrechtlich sanktioniert ist, ist hier ein sorgfältiger Umgang mit der Thematik geboten.

    Der „sicherste Weg“ ist sicherlich der Abschluss auch hier eines befristeten Dienstvertra­ges zwischen Interim Manager und Gesellschaft (einschließlich der Abführung von Sozialversicherungsbeiträgen).

    Alternativ kommt die Einleitung eines Statusfeststellungsverfahrens in Betracht.

    Gleiches gilt für die Arbeitnehmerüberlassung, insbesondere durch Provider, bei denen der Interim Manager dann aber beim Provider sozialversicherungspflichtig ist.

    Abgesehen hierfür ist ein risikofreier „Königsweg“ leider nicht ersichtlich. Der Befund stimmt nach diesseitiger Einschätzung wegen eines eklatanten Wertungswiderspruchs nicht, scheint aber in der Konsequenz der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zu lie­gen.

    Zu hoffen wäre hier entweder eine klare gesetzliche Regelung oder jedenfalls eine höchst­richterliche Grundsatzentscheidung dieser Thematik – die aber wie immer – eine Einzel­fallentscheidung sein wird. Beides scheint jedoch „in den Sternen zu stehen“. Aber die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

Dr. Stefan Krüger ist Partner der Mütze Korsch Rechtsanwaltsgesellschaft mbH (Assoziierter Partner der DDIM) in Düs-seldorf. Schwerpunkte seiner Tätigkeit sind Insolvenz-, Gesellschafts-und Finanzierungsrecht, insbesondere Factoring, Leasing, und Arbeitsrecht. Er berät laufend in allen Rechtsfragen rund um das Interim Management.

www.mkrg.com