Wertsteigerung statt Wertevernichtung – Die Rolle von Managern und Beratern bei der Sanierung von Unternehmen

Ein Beitrag von Interim Manager & DDIM Mitglied Christoph Deinhard | Erstmalig erschienen im EXIS|TENZ MAGAZIN – Magazin für Finanzen Restrukturierung, Sanierung und Wirtschaft | Ausgabe 02/2024

ESUG steht für „Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen“. StaRUG steht für „Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen“. Und dann gibt es noch die Planinsolvenz und die Regelinsolvenz.

Ein schöner Instrumentenkasten, aber in Wirklichkeit nur ein Notfallkoffer.

Der Gesetzgeber hat viel dafür getan, Unternehmen in praktisch ausweglosen Situationen eine Hilfe zu geben. Auch viel Geld wird verteilt; so werden in einem Insolvenzverfahren Löhne und Gehälter während 3 Monaten nach Insolvenzantrag von der Bundesanstalt für Arbeit bezahlt. Und es gibt ein Sonderkündigungsrecht für Verträge, z.B. langlaufende Mietverträge für Immobilien, die sich in der neuen Situation nicht mehr nutzen lassen. Auch die Trennung von Mitarbeitern wird vereinfacht.

Allen diesen Hilfen ist jedoch gemeinsam, dass sie einhergehen mit dem Engagement von oftmals als unzählig empfundenen Beratern, sei es von der betriebswirtschaftlichen Seite, oder sei es aus der juristischen Fakultät. Wer konsequent nachrechnet, wird in den meisten Fällen feststellen, dass die grosszügigen Hilfen des Staates fast oder ganz vollständig für die Begleichung der Rechnungen dieser Berater verwendet werden müssen. Auch die Gerichtskosten eines insolvenzrechtlichen Verfahrens sind erheblich.

Gleich, welches der angegebenen Verfahren gewählt wird, eines ist allen gemeinsam:

Der Unternehmenswert wird nicht erhöht, sondern geht zu Teilen verloren. Unternehmerische Initiativen werden nicht ergriffen, weil dies nicht die Aufgabe von Beratern ist und auch nicht die von Insolvenzverwaltern.

Dabei wäre es doch so einfach gewesen, vor der gesetzlich indizierten Flucht in ein insolvenzrechtliches Verfahren alle Anstrengungen darauf zu konzentrieren, den Unternehmenswert zu erhöhen. Durch die Erhöhung der Produktivität. Durch die Umstellung der Finanzierung auf Spezialinstitute, z.B. Factoring. Durch Umstellung des Vertriebs auf echte, nicht nur optische Erfolgsprämien. Durch Investitionen. Durch neue Produkte für die Kunden. Durch Verbesserung der Prozesse. Durch Einführung geeigneter IT-Lösungen. Durch professionelle Preispolitik. Durch einen professionellen Einkauf… etc., etc…

Auch kleine Schritte führen zur Erhöhung des EBITs. Und wenn der EBIT stimmt, ist die Insolvenz noch weit.

Wir haben gelernt, dass es besser ist, die Erfahrungen von Managern zu nutzen, die in Linienverantwortung bis hin zum CEO hervorragende Referenzen vorweisen können, solche Ziele bereits erfolgreich erreicht zu haben. Der Einsatz von Beratern hilft dagegen nur, wenn ein Gewerk zu erstellen ist, für welches innerhalb des Unternehmens keine oder nicht hinreichende Kompetenzen vorliegen. Slides haben noch nie die Mitarbeiter eines Unternehmens dazu gebracht, plötzlich anders zu agieren als vorher. Das geht nur mit Hilfe von Managern, die bis in den Shopfloor hinein die Mitarbeiter begeistern und ihnen dabei helfen, zukünftig anders zu arbeiten. Ohne die Mitarbeiter abzuholen, funktioniert eine Transformation gewiss nicht. Das wiederum heisst, dass die Fähigkeit zum Teambuilding die herausragendste Fähigkeit eines Managers sein muss.

Wartet ein Unternehmen dagegen auf Situationen, in denen insolvenzrechtliche Kriterien zur Anwendung kommen müssen, ist es dafür zu spät. Denn in diesen Situationen versucht jeder nur noch, seine eigene Haut zu retten.

Worin besteht also das Besondere, wenn ein Unternehmen nicht auf Berater setzt, sondern auf erfahrene Manager auf Zeit?

Zunächst das am wenigsten Wichtige: Berater sind i.d.R. sehr viel teurer, denn sie rücken, wenn man sie lässt, in Kompaniestärke an. Und sie haben höhere Tagessätze als Manager. Ganz einfach, weil sie die Overheads ihrer Organisation finanzieren müssen; das fällt bei einem Manager aus.

Ein erfahrener Manger weiss, dass er mit den Leuten vor Ort arbeiten muss, schon allein deshalb, weil dann von Beginn an umgesetzt wird. Niedrig hängende Trauben erkennt der Manager sofort, und er will auch nicht warten, bis das mehrhundertseitige schriftliche Konzept fertig ist. Darüber hinaus profitiert das Unternehmen vom Know-how-Transfer auf die eigenen Mitarbeiter.

Der Manager muss sich von allem einen Überblick verschaffen. Das geht am besten durch Erstellung einer integrierten Planung: GuV, Bilanz und Cash. Mindestens für die kommenden 12 Monate. Massnahmen müssen in ihren Auswirkungen unmittelbar eingearbeitet werden. Es ist für uns jedes Mal wieder erstaunlich, wie viele mittelständische Unternehmen dieses Werkzeug vorher nicht hatten. Darüber hinaus werden durch die Installation dieses Werkzeugs die Haftungsrisiken erheblich runtergesetzt. Zeigt die integrierte Planung, dass für die kommenden 12 Monate kein Zahlungsverzug entsteht, ist das Insolvenzrisiko klein.

Und dann, das Wichtigste: Der Manager hat schon so viel gesehen und erlebt, dass er aus dem Vollen schöpfen kann, was seine Vorschläge betrifft. Wir haben noch kein Unternehmen erlebt, dass nicht erstaunt darüber war, was sich alles machen lässt, wenn die eigenen Scheuklappen den Blick nicht verbauen.

Wir appellieren daher, hinreichend frühzeitig Hilfe zu holen durch Manager, die sich in der Situation des Unternehmens bereits auskennen. Dafür müssen die Entscheidungsträger gelegentlich über ihren Schatten springen, denn sie empfinden die Situation und auch die Nachfrage nach Hilfe als Schwächung ihrer eigenen Position. Das ist jedoch nicht richtig. Manager auf Zeit kommen, um zu gehen. Der Unternehmer behält sein wertgesteigertes Unternehmen.

Christoph Deinhard arbeitet seit 1989 als Manager in Sondersituationen. Er ist Partner der Beyond Management GmbH, Potsdam, Verwaltungsrat der Beyond Refinance AG, Bottighofen (CH), Verwaltungsrat der PRICA Pflege Zürich AG und Leiter der DDIM.fachgruppe // Restrukturierung und Transformation bei der DDIM.