Sven H. Korndörffer im DDIM Interview: Wertschätzung ist die Basis von Wertschöpfung!
Ein Interview mit Sven H. Korndörffer, Keynote Speaker beim DDIM.kongress // 2024
„Wertschätzung ist die Basis von Wertschöpfung“ – unter diesem Motto teilt Sven H. Korndörffer, Keynote Speaker beim DDIM.kongress // 2024, seine Perspektiven auf moderne Führung. Im Interview beleuchtet er, wie Empathie, Authentizität und wertebasierte Ansätze die Führungsqualität prägen. Besonders Interim Manager profitieren von klarer Kommunikation und echter Wertschätzung, um in kurzer Zeit Vertrauen und nachhaltige Erfolge zu schaffen.
Herr Korndörffer, was bedeutet zeitgemäße Führung für Sie?
Zeitgemäße Führung bedeutet für mich vor allem, Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und sie in ihrer individuellen Stärke zu unterstützen. Zwar ist der Grundgedanke nicht neu, doch heute wird er aktueller und bedeutender denn je. Führung ist weit mehr als das Verwalten von Zahlen oder Tabellen. Es geht darum, einen Rahmen zu schaffen, in dem Menschen ihre Fähigkeiten und Potenziale optimal entfalten können.
Wenn Führungskräfte den Raum für Eigenverantwortung und Gestaltung bieten, entsteht nicht nur Leistung, sondern auch Freude und intrinsische Motivation bei den Mitarbeitenden. Und das ist für mich der Kern moderner Führung: Menschen zu inspirieren und ihnen die Freiheit und das Vertrauen zu geben, in ihrer Rolle zu wachsen und Großes zu leisten.
In der aktuellen Wirtschaftslage werden vermehrt Rufe nach „starker Führung“ laut. Was verstehen Sie unter starker Führung im Unternehmenskontext?
Menschen suchen nach Orientierung und klaren Werten, die ihnen Halt geben. Starke Führung bedeutet jedoch nicht, autoritär zu agieren oder Vorgaben einfach durchzudrücken, sondern vielmehr ein authentisches Vorbild zu sein. Für mich besteht starke Führung darin, den Menschen zuzuhören, mit ihnen in den Dialog zu gehen und ihre Perspektiven einzubeziehen.
Eine echte Führungspersönlichkeit wird nicht durch autoritäres Auftreten respektiert, sondern durch Charakterstärke und Authentizität. Wie beim „Kleinen Lord“ von Frances Hodgson Burnett: Der kleine Lord beeindruckt durch seine Nähe zu den Menschen, seine Integrität und Empathie, die ihm den Respekt und das Vertrauen seiner Umgebung sichern. Eine solche natürliche Autorität inspiriert, gibt Sinn und setzt klare, sinnstiftende Zielbilder. Für mich ist das der wahre Kern moderner Führung: Menschen auf Augenhöhe zu begegnen, ihnen Sinn zu vermitteln und sie auf ihrem Weg zu unterstützen.
Als Interim Manager muss ich performen: Wie kann wertebasierte Führung der Realität eines so zahlengetriebenen Umfelds gerecht werden?
Wertschätzung ist die Basis von Wertschöpfung! Auch im zahlengetriebenen Umfeld eines Interim Managers bleibt wertebasierte Führung essenziell. Wenn Mitarbeitende spüren, dass sie als Menschen gesehen, gehört und respektiert werden, steigt ihre Motivation und ihr Engagement erheblich – weit mehr als durch das bloße Präsentieren von Zielvorgaben.
Wertebasierte Führung bedeutet Freude und echtes Interesse an den Menschen zu haben, mit denen ich arbeite. Nur so lassen sich nachhaltige Erfolge erzielen, unabhängig davon, ob ich als Interim Manager oder in einer festen Position agiere. Letztlich führt man durch Menschen und mit Menschen – das gilt in jeder Form der Führung.
Interim Manager stehen vor der Herausforderung, in kurzer Zeit Vertrauen bei den Mitarbeitenden aufzubauen. Wie könnte das Ihrer Meinung nach gelingen?
Als Interim Manager ist es entscheidend, sich von Beginn an den Menschen zuzuwenden und eine echte Verbindung aufzubauen. Die besten Interim Manager sind auf allen Organisationsebenen gute Kommunikatoren. Vertrauen entsteht, wenn die Mitarbeitenden spüren, dass ich nicht nur ihre Leistung sehe, sondern auch sie als Menschen wahrnehme und wertschätze. Ich bin überzeugt: Zuerst Mensch sein, dann Manager.
Viele glauben fälschlicherweise, dass Nähe und Freundlichkeit die Autorität mindern. Doch das Gegenteil ist der Fall. Durchsetzungsstärke und werteorientiertes Handeln gehen Hand in Hand. Wenn ich meinen Fokus klar und transparent kommuniziere und dabei authentisch und freundlich auftrete, baue ich Vertrauen auf und schaffe eine produktive, motivierende Atmosphäre. Für mich ist das eine Strategie, die das Vertrauen stärkt und nachhaltig zum Erfolg führt.
Sie betonen die Rolle der Empathie bei Führungskräften – kann eine zu starke Einfühlsamkeit Führungskräfte nicht auch schwächen?
Nein, Empathie schwächt Führungskräfte nicht – im Gegenteil, sie stärkt die Führungsposition, wenn sie mit einem klaren Zielfokus kombiniert wird. Empathie bedeutet ja nicht, dass ich mich privat eng mit jedem Mitarbeitenden verbinde oder jede Freizeitaktivität mitmache. Vielmehr geht es darum, Verständnis füreinander zu entwickeln und die individuellen Situationen der Mitarbeitenden zu kennen.
Wenn ich weiß, dass ein Mitarbeiter ein krankes Kind zu Hause hat, kann ich seine Situation nachvollziehen und ihn gezielt unterstützen. Das schafft Vertrauen und eine viel stärkere Verbindung, als wenn ich nur auf Ergebnisse achte, ohne die persönlichen Umstände zu kennen. Füreinander da zu sein und eine gute Arbeitsbeziehung aufzubauen sind essenziell – unabhängig von der Größe des Unternehmens. Empathie und Freude am Umgang mit Menschen sind Qualitäten, die nicht in jedem Fachgebiet vermittelt werden, aber sie sind grundlegend für nachhaltigen Führungserfolg.
Was tue ich, wenn Empathie einfach nicht zu meinen Stärken als Führungskraft zählt, weil ich z. B. ein Narzisst und Choleriker bin?
Dann sollten Sie bewusst an diesem Aspekt arbeiten – sowohl im eignen Interesse als Führungskraft als auch im Interesse des Teams und Unternehmens. Eine zentrale Frage lautet: Welche Fähigkeiten und Qualitäten suchen wir in unseren Führungskräften? Wenn jemand Schwierigkeiten im Umgang mit Menschen hat, ist es die Aufgabe der übergeordneten Führung, diesen Menschen durch Coaching zu unterstützen und aufzuzeigen, warum empathisches Verhalten für langfristigen Erfolg notwendig ist.
Sollte eine Führungskraft auch nach intensiver Unterstützung kein Vertrauen im Team aufbauen können, sind konsequente Entscheidungen erforderlich. Die Kultur eines Unternehmens steht und fällt mit dem gegenseitigen Vertrauen und Respekt. Daher sollte klar sein: Wenn eine Führungskraft keine Empathie entwickeln kann, könnte dies zu einer Abwanderung von Talenten führen – und das wäre für das Unternehmen eine Gefahr.
Für Mitarbeitende, die sich in einer solchen Situation befinden, kann es ratsam sein, das Verhalten der Führungskraft offen und respektvoll anzusprechen. Falls jedoch keine Veränderung eintritt, ist es wichtig, die eigene Gesundheit und das eigene Wohl im Blick zu behalten und gegebenenfalls einen Wechsel in Betracht zu ziehen. Letztlich sollten sich Führungskräfte täglich reflektieren und sich fragen: „Werde ich meiner Rolle als Führungskraft gerecht? Fördere ich das Vertrauen und die Motivation meines Teams?“ Diese Selbstreflexion ist der Schlüssel zu einer wertschätzenden, erfolgreichen Führung.
Sven H. Korndörffer blickt auf fast drei Jahrzehnte in der Bankenbranche zurück. Zuletzt war er Bereichsvorstand für die Konzernkommunikation bei der Commerzbank. In seinen vorherigen beruflichen Stationen verantwortete er die Kommunikation der Aareal Bank Gruppe und war Leiter des Vorstandsstabs der Norddeutschen Landesbank. Er ist seit 2005 Vorsitzender des Vorstands der Wertekommission – Initiative Werte Bewusste Führung in Deutschland und hat in 2024 die Korndörffer Kommunikationsberatung gegründet, ein Beratungsunternehmen für strategische Unternehmenskommunikation.
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