Hanno Höhn im DDIM Interview: Mehr Performance und Geschwindigkeit für ergebnisorientierte Unternehmen am Beispiel von MANN+HUMMEL

Ein DDIM Interview mit Hanno Höhn, Keynote Speaker beim DDIM.kongress // 2023

Mit der Verkehrswende als treibender Kraft für Veränderungen im Automobilsektor – wie positioniert sich Mann+Hummel, um den Anforderungen dieser neuen Ära gerecht zu werden?

MANN+HUMMEL ist ein Familienunternehmen mit über 80-jähriger Geschichte als Automobilzulieferer. Mit der Transformation der Automobilindustrie muss natürlich auch MANN+HUMMEL sein Produktportfolio verändern – wir positionieren uns deshalb deutlich als Filtrationsexperte, der mit seinen Lösungen nicht nur für saubere Mobilität, sondern zunehmend auch für saubere Luft, sauberes Wasser und eine saubere Industrie sorgt. Dabei handelt es sich um neue Märkte und Produkte, die auch ganz anders funktionieren als unsere Transportation-Märkte.

Man könnte sagen, dass unser Geschäftsbereich Life Sciences & Environment wie ein Start Up ist, das sich auf dem Weg befindet, die entsprechenden Märkte und Marktanteile zu erobern. Wir sind davon überzeugt, dass die Bedarfe für saubere Luft und sauberes Wasser weltweit bereits da sind und künftig steigen werden. Transformation ist für uns aber auch nichts Neues. MANN+HUMMEL hat als Textilunternehmen begonnen. Die Fertigung von Filtern kam erst später hinzu. So gab es immer wieder Einschnitte und Veränderungen in unserer Firma. Die aktuelle Transformation ist deshalb nicht die erste und wird mit Sicherheit auch nicht die letzte in der Geschichte unseres Unternehmens sein.

Welche spezifischen Veränderungen im Automobilzulieferermarkt erwarten Sie in den kommenden Jahren im Zuge der Verkehrswende und wie bereitet sich Ihr Unternehmen darauf vor?

MANN+HUMMEL ist unabhängig vom Antrieb stark aufgestellt. Die jahrzehntelange Erfahrung im Bereich Filtration übertragen wir auf die Anforderungen der Elektromobilität und anderen Antriebsmöglichkeiten. Denn auch hier gilt es, das Nützliche vom Schädlichen zu trennen. Das tun wir zum Teil mit etablierten Produkten – und zum Teil mit zukunftsweisenden Innovationen. Unsere Entwickler setzen neben etablierten Produkten – wie Innenraumfiltern, die sowohl im Verbrennungsmotor als auch im E-Fahrzeug verwendet werden können – auf Wissenstransfer und -zuwachs. Hierfür arbeitet MANN+HUMMEL eng mit Kunden, Lieferanten und Forschungseinrichtungen zusammen. Für e-Motoren gibt es vielfältige Filteranwendungen für bspw. Kühlflüssigkeiten der Batterien oder auch Ionenaustauschfilter bei der Brennstoffzelle.

Haben die neuen Anforderungen an Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit in der Automobilbranche große Auswirkungen auf Ihre Beschaffungsstrategie?

Absolut, denn 80 Prozent unseres CO2-Fußabdrucks entstehen in der Lieferkette. Deshalb liegt es zu einem Großteil am Einkauf, wenn wir unsere Ziele im Bereich Nachhaltigkeit erreichen wollen. Mann+Hummel will bis 2050 komplett klimaneutral sein, bis 2035 in der eigenen Fertigung. Hierfür haben wir im ersten Schritt und natürlich auch, um die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz zu erfüllen, 7000 Lieferanten einer CSR-Bewertung unterzogen. Darüber hinaus fordern wir unsere Lieferpartner auf, sich einem ESG-Rating zu unterziehen. Grundsätzlich gilt unsere Mission, das „Nützliche vom Schädlichen zu trennen“ auch für unser tägliches Handeln im gesamten Unternehmen. Wir übernehmen Verantwortung für zukunftsfähige und nachhaltige Lösungen und Geschäftsbeziehungen.

Inwiefern hat die Pandemie die Bedeutung eines straffen Kostenmanagements für Mann+Hummel verändert – insbesondere im Kontext langfristiger Unternehmensziele?

Die Pandemie hat uns aber unternehmensweit deutlich gezeigt, wie wichtig straffes Kostenmanagement ist. Im Bereich Einkauf haben wir nach der Pandemie eine Vielzahl von Maßnahmen umgesetzt: Wir haben im strategischen Lieferantenmanagement das Dual Sourcing ausgebaut mit dem Ziel, Materialien immer auch aus einer zweiten Region, von einer weiteren Lieferquelle zu beziehen. Andere Materialien wie Stanz- oder Kunststoffteile haben wir im Rahmen von Make-or-Buy-Analysen auf Insourcing umgestellt und fertigen diese jetzt auch selbst.

Außerdem gleichen wir die Konditionen zwischen unseren Kunden- und unseren Lieferantenverträgen sehr viel konsequenter ab. Und wir unterstützen das Riskmanagement im Einkauf über einen Webcrawler, der direkt mit unserem Sourcingsystem verbunden ist. Kostendisziplin ist per se wichtig, auch in Nicht-Krisenzeiten. Trotz des strengeren Blicks auf die Kosten dürfen Transformationsprojekte in den Bereichen Digitalisierung, Mobilität und Nachhaltigkeit nicht vernachlässigt werden. Aber wir behalten bei unseren Investments unseren Fokus ganz klar darauf, wie Projekte auf unsere Strategie einzahlen.

Kostenmanagement auf der einen Seite, notwendige Investitionen in Transformationsprojekte auf der anderen Seite (insbesondere in den Bereichen Digitalisierung, Mobilität und Nachhaltigkeit): Wie balancieren Sie diese Gegenpole?

Für diesen Balanceakt wurde das Performance Office installiert – wir stellen sicher, dass strategische Projekte effizient und profitabel umgesetzt werden, damit MANN+HUMMEL die notwendige Transformation gestalten kann.

Wie genau unterstützt das Performance Office-Team von Mann+Hummel die Umsetzung der strategischen Ziele des Unternehmens in Bezug auf Transformationsprojekte und Prozessverbesserungen?

Das Performance Office unterstützt die Organisation dabei, mit Hilfe einer ergebnisorientierten Denkweise und einer agilen Methodik Initiativen voranzutreiben und die Unternehmensstrategie gezielter umzusetzen. Dabei ist insbesondere das Thema Mindset Change nicht zu vernachlässigen. Das Performance Office – und unsere SPEED Initiative – steht für eine neue Denkweise innerhalb des Unternehmens. Wir wollen weg von Silos und einem starren Projektansatz, hin zu mehr Agilität und schnellerer Umsetzung, also Fortschritt statt Perfektion.

Können Sie einige Beispiele für erfolgreiche Projekte oder Initiativen von Mann+Hummel nennen, die sowohl Kosteneinsparungen als auch Innovationen vorantreiben, bzw. vorangetrieben haben?

MANN+HUMMEL steht für innovative und weltweit führende Filtrations- und Separationslösungen. Deshalb haben wir uns 2022 vom Geschäft mit Hochleistungs-Kunststoffteilen getrennt. Wir haben uns bewusst von einem Geschäft getrennt, um vollen Fokus aufs Kerngeschäft zu haben und die Möglichkeiten und Ressourcen dort weiter wachsen zu lassen.

In diesem Jahr haben wir unser Wachstum in Asien weiter vorangetrieben und das chinesische Unternehmen U-Air übernommen. Das war ein weiterer Schritt entlang unserer Transformationsstrategie: der Ausbau unseres Life Sciences & Environment Geschäfts. In Shanghai haben wir erst kürzlich ein NEV-Center (New Energy Vehicle) eröffnet. Wir investieren auch in den Bereichen, wo wir Technologiepotenziale sehen. Beispielsweise in die eigene Herstellung von Filtermedien. Aber auch im Bereich Digitalisierung, wie in smarte Produkte.

Hanno Höhn ist seit 2019 Geschäftsführer von MANN+HUMMEL Deutschland und als Chief Procurement Officer weltweit verantwortlich für den Einkauf und das Performance Office. Der Diplom-Kaufmann mit MBA-Abschluss in Toronto war unter anderem kaufmännischer Geschäftsführer beim Schuhhersteller Salamander, bevor er 2004 zu MANN+HUMMEL wechselte. Nach diversen kaufmännischen Leitungsfunktionen beim Filtrationsexperten in Deutschland und den USA übernahm er 2010 die globale Verantwortung des Einkaufs. Seit Mitte 2020 leitet Hanno Höhn außerdem das Performance Office, in dem alle strategischen Profitabilitätssteigerungs- und Transformationsprogramme gebündelt sind.