Erfahrungsbericht DDIM-Fachgruppe Projekt- und Programm-Management März 2019
Unternehmenssanierung: Existenzsicherung eines Herstellers von Investitionsgütern für die Infrastruktur
Ein mittelständischer Hersteller von Investitionsgütern für die Infrastruktur konnte durch geeignete Sanierungsmaßnahmen von DDIM-Mitglied Dr. Werner Boysen innerhalb von etwa zwei Jahren effizient aufgestellt werden. Der Nutzen für das Unternehmen und die Gesellschafter entsprach einem Vielfachen der Kosten für den Interim-Management-Einsatz.
Problemstellung:
Ein spezialisierter mittelständischer, Kunststoff verarbeitender Hersteller von Investitionsgütern für die Infrastruktur (30 MEUR Umsatz) operiert in einem äußerst wettbewerbsintensiven Markt, der von den Fachgroßhandelsgruppen dominiert wird. Die einzige Produktgruppe dieses Herstellers steht unter besonders hohem Preisdruck: Für den Zuschlag zählen leider lediglich die Kriterien „Verfügbarkeit“ und „Preis“. Die Marktpreise für diese Commodity liegen 20% unter den branchenüblichen Herstellkosten. Die resultierende Verlustsituation des Unternehmens wurde von den Gesellschaftern mehrere Jahrzehnte lang in Kauf genommen, weil diese Verluste mit Gewinnen aus einer profitablen Gesellschaft steuerlich verrechnet werden konnten. Außerdem profitierten die Gesellschafter aus dem Verkauf von Rohstoffen seitens eines gruppeninternen Rohstoffherstellers an das Unternehmen. Mit der Veräußerung des profitablen Unternehmens entfiel allerdings ein wesentliches Argument, die Verluste der Gesellschaft zu dulden. Eine tendenzielle Verknappung der Rohstoffe im Markt führte außerdem dazu, die Rohstoffe innerhalb der Unternehmensgruppe in Geschäfte zu kanalisieren, die die höchsten Erträge versprachen, also nicht in dieses Unternehmen. Die Belegschaft war an die regelmäßigen Verluste allerdings längst gewöhnt. Das ist eine zusätzliche, nicht zu unterschätzende Barriere und erforderte ein beherztes Change-Management unter Einbindung des Betriebsrates.
Im Frühjahr 2014 wurde Dr. Werner Boysen damit beauftragt, in der Funktion als Interim-Geschäftsführer die Rentabilität der Gesellschaft zu verbessern, ohne dass dafür umfassende zusätzliche Finanzmittel benötigt würden.
Vorgehensweise:
Da alle Hersteller von Investitionsgütern in diesem Markt unter denselben Bedingungen litten, vereinbarte Dr. Boysen mit dem Hauptwettbewerber, die Produktion dieses Sortiments komplett aufzugeben und die freiwerdende Kapazität dafür einzusetzen, das Produkt in Lizenz und im Auftrag des Wettbewerbers zu produzieren, der wiederum am Markt tätig würde. Auf einzuhaltende wettbewerbs- und kartellrechtliche Besonderheiten wurde dabei besonders geachtet. Der Wettbewerber zahlte 10% über Marktpreisniveau.
Dadurch wurde der Verlust unmittelbar halbiert. Dabei konnte auch der Wettbewerber seinen Verlust halbieren, weil er diese Artikelgruppe ja nicht mehr selbst produzieren musste. Die Fachgroßhändler verbanden honorierten die Bereitschaft des Wettbewerbers, ein gewisses Kontingent an dieser verlustträchtigen Produktgruppe anzubieten damit, auch rentable Produktgruppen abzunehmen.
Dann prüfte Dr. Werner Boysen mit seinem Führungs-Team Möglichkeiten, die Fertigung der Commodity-Artikel zu automatisieren. Parallel dazu bereitete er einen zweistufig angelegten Sozialplan mit Interessenausgleich vor, um die Personalkosten spürbar zu senken. Beide Maßnahmen wurden zügig umgesetzt. Zum einen wurden die standardisierbare Materialhandhabung automatisiert und die operativen Abläufe gestrafft, zum anderen die Belegschaft in einem harten Einschnitt von 185 Mitarbeitern sozialverträglich auf 103 reduziert, ohne aber die betrieblichen Abläufe zu gefährden.
Durch den kreativen Kunstgriff im Markt, die Prozessstraffung und Automatisierung sowie die massive Personalkostensenkung wurde Liquidität für eine erste Produktinnovation frei, obwohl die Marktpreise weiter fielen. Schließlich konnte die Ertrags- und Liquiditätslage soweit stabilisiert werden, dass die Entwicklung einer attraktiveren und zukunftsfähigen Produktlinie in Angriff genommen werden konnte.
Nachdem die wesentlichen Umstrukturierungen erfolgt waren, wirkte Dr. Boysen bei der Auswahl und Einarbeitung seines festangestellten Nachfolgers aktiv mit und zog sich dann aus der aktiven Geschäftsführung heraus. In den ersten Monaten nach dem Führungswechsel stand er seinem Nachfolger noch fallbezogen unterstützend zur Verfügung.
Über Dr. Werner Boysen
Dipl.-Ing. Dr. Werner Boysen ist seit 2001 selbständiger Unternehmensberater und Interim-Manager. Er ist auf die operative Ertragsteigerung und Sanierung und die Vermittlung mittelständischer Industrieunternehmen spezialisiert.