Digital. Holistisch. Vorausschauend.
Oder: Woran Interim Manager bei der Digitalisierung jetzt denken müssen.
SARS-Cov-2 wirkt wie ein Brennglas auf das eine oder andere unliebsame „Thema“ der jüngeren Vergangenheit und hat nun dazu geführt, dass eingesetzte Entwicklungen eine teils dramatische Beschleunigung erfahren haben. Die Pandemie hat bereits existente Strukturprobleme, so z. B. in der Automobilindustrie, ins Rampenlicht gerückt. Viele Unternehmen, sei es aus der Tourismusbranche oder der Event- und Kulturszene, sind durch das Virus unverschuldet in Schwierigkeiten geraten. Für viele Unternehmer und Mitarbeitende geht es um das wirtschaftliche Überleben in schwierigen Zeiten.
Corona bringt vieles in Bewegung – auch uns!
Corona hat uns demonstriert, dass wir mit den verfügbaren digitalen Techniken viel mehr erreichen können, als bisher angenommen:
- Business-Flieger wurden durch Video-Konferenzen ersetzt.
- Anstelle des Büros wurde das Home-Office genutzt.
- Die Nutzung von Voicemail ist der Erreichbarkeit, der Verbindlichkeit, dem Zuhören, dem Zuhause sein und dem »wirklich kommunizieren« gewichen.
Eine »Selbstreinigung« der Märkte hat eingesetzt. Nun reflektiert der Konsument über die Herkunft der Güter, die er verbraucht. In der Folge kommt es zu einer intensiveren Nutzung regionaler Märkte. Kulturell sind die lauten Marktschreier in den Hintergrund gerückt. Zuhören und Rücksicht nehmen – Eigenschaften, die in der immer komplexer, globaler, schneller und digitaler werdenden Welt ihre Bedeutung verloren hatten, erobern sich Raum zurück.
Wie kann das weitergehen?
Der Umgang mit Ressourcen ist ein Schlüssel, um Zukunft positiv zu gestalten. Und wenn ich hier von Ressourcen spreche, dann sind damit keineswegs nur Güter gemeint. Es geht auch um uns und unser Wissen. Eine Methode, der weiteren Beschleunigung zu begegnen, ist dann nämlich der Einsatz erfahrener und verfügbarer Arbeitskräfte. Und hier denke ich an uns Interim Manager. Durch unsere Ausbildung und Erfahrung sind wir auf Wirksamkeit, Geschwindigkeit und nachhaltige Ergebnisse trainiert. Bei vielen Herausforderungen rund um die Themen SCM, Branding, CSR, Neustrukturierung und Wachstum können wir den Unterschied machen.
Wenn bisher digitale Projekte implementiert wurden, hat man vor allem in den folgenden Kategorien gedacht und gehandelt:
- Ziel, Vision und Strategie
- Markt, Marke und Verkauf
- Strukturen und Prozesse
- Mitarbeitende
- Web-Entwicklung, Social Media Marketing, E-Mail-Marketing, Performance Marketing und Content-Produktion
- Finanzen, Controlling und Buchhaltung
Durch Corona lernen wir den konkreten, supranationalen Umgang mit Big Data, Predictive Analytics und Frühwarnsystemen. Künstliche Intelligenz wird zur Reduzierung der Risiken eingesetzt. Health-Tracking-Devices werden zum Standard und loggen viele wichtige Daten des menschlichen Körpers.
Worauf kommt es jetzt an?
Wir haben die Umwelt, die drohenden Konsequenzen der Erderwärmung und der Überbevölkerung verdrängt. Nichtsdestotrotz sind die Herausforderungen weiterhin vorhanden. Die Zeit zu handeln ist abgelaufen, und immer mehr Leugner begreifen, dass schnell gehandelt werden muss. Das beeinflusst auch das Handeln der Käufer und Unternehmer.
»Jede Tiefenkrise hinterlässt ein Narrativ, das weit in die Zukunft weist. Eine der stärksten Visionen des Corona-Virus sind die musizierenden Italiener auf den Balkonen. Die zweite Vision senden uns die Satellitenbilder, die plötzlich Industriegebiete in China und Italien frei von Smog zeigen. 2020 wird der CO² Ausstoß der Menschheit zum ersten Mal fallen. Diese Tatsache wird etwas mit uns machen. Wenn das Virus das kann, können wir das womöglich auch.«
Matthias Horx
19.3.2020 in »Die Welt nach Corona«
Was folgt daraus für Unternehmer und Interim Manager?
Wir müssen gemeinsam darauf achten, dass die systemische und holistische Balance zwischen Technik (und Digitalisierung), Mensch (und Gesellschaft) sowie Umwelt wiederhergestellt wird. Sonst produzieren wir unvollendetes, nicht lebensfähiges Stückwerk, das die Schnellen zum Frühstück nehmen.
Technik
Alles, was digitalisiert werden kann, wird digitalisiert werden. Der dadurch steigende Stromverbrauch muss mittelfristig mit regenerativen Energien ohne Schadstoffausstoß stattfinden. Parallel dazu müssen Ethik und Regeln der Nutzung entwickelt werden. Was passiert, wenn das nicht geschieht, zeigen die Versuche, autonomes Fahren zu etablieren.
Big Data, Predictive Analytics und Künstliche Intelligenz helfen dabei, immense Datenmengen zu analysieren und Entscheidungen zu treffen, schnell zu überprüfen und falls notwendig zu korrigieren.
Wir müssen die Führungskräfte von der Rechtfertigung ihrer Entscheidungen entbinden. Wir brauchen Ambiguitätstoleranz. Uneindeutigkeit wird die neue Norm: Sowohl als auch, heute so und morgen anders. Selten gibt es noch richtig oder falsch.
Je mehr wir die Welt verstehen, umso klarer wird uns die Komplexität bewusst, in der wir leben. Lineare Modelle haben längst ausgedient. Wer Einfachheit verspricht, folgt dem Populismus und trägt wenig zu Lösungen in der neuen Welt bei. Was uns helfen wird, sind einfache, klare Bedienoberflächen und neue Modelle, die die Komplexität für uns verstehbar, steuerbar und lebenswert machen. Dinge passieren nicht nacheinander, sondern gleichzeitig, und das in einer Art und Weise, die wir als Menschen heute intellektuell nicht mehr verarbeiten können. Dafür brauchen wir den »Kollegen« Computer an unserer Seite.
Mensch
Interim Manager, die im HR-Umfeld aktiv sind, kennen das Thema schon lange. Als Arbeitgeber müssen wir zum Wohlbefinden der Mitarbeitenden beitragen. Wir müssen ein erfüllendes Privatleben ermöglichen und nicht verhindern. Wir sollten die Gesundheit der Mitarbeitenden fördern. Nur dann wird es gelingen, attraktiv für Bewerber und Mitarbeitende mit Potenzial zu sein – und zu bleiben.
Erste Unternehmen haben begonnen, über den höheren Sinn bzw. ihren eigentlichen Geschäftszweck nachzudenken. Und der ist nicht »Geld verdienen«. Für eine Fluggesellschaft ist dieser beispielsweise, jedem Menschen zu ermöglichen, an seine Traumziele zu reisen. Dieser höhere Sinn leitet die Mitarbeitenden und führt so zum Erfolg. Damit werden dann auch die monetären Ziele erreicht.
Tue das Richtige für Deine Kunden, dann kommt auch der wirtschaftliche Erfolg!
Das »warum ich Dinge tue« rückt in den Vordergrund. Unternehmen, die ihren Mitarbeitenden selbstorganisiertes Arbeiten ermöglichen, für die »Vertrauen geben« keine Worthülse ist, und die agile Methoden nutzen, sind sicher nicht nur wegen der Anziehungskraft auf Mitarbeitende erfolgreich. Hinzu kommt, dass Kunden immer weniger bei Unternehmen kaufen werden, die nicht nachhaltig wirtschaften, womit wir zum Element »Umwelt« kommen.
Umwelt
Die Dringlichkeit der Umweltprobleme wird klarer und sie ist immanent präsent. Die Verantwortung von Unternehmen in Bezug auf Umwelt, Soziales und Nachhaltigkeit, die CSR (Corporate Social Responsibility), mutiert vom »nice to have« bzw. vom werbewirksamen Modethema zur Frage des Überlebens der Unternehmung. Besonders eindrucksvoll demonstriert das die Automobilindustrie, allen voran der Volkswagen-Konzern mit dem Dieselskandal. 1 % der Reichsten produzieren so viel CO² wie 50 % der Ärmsten unseres Planeten. Nachhaltigkeit und Netto-Null-Emission werden zum Kaufkriterium. Würde VW das sonst beim ID anpreisen?
Hilgenstock persönlich
Mein Lernen sagt mir: Neben allen neuen Techniken dieser VUCA-Welt, ganz gleich ob wir von künstlicher Intelligenz, Predictive Analytics, Industrie 4.0, kundenzentrischen Shops, Performance Management oder wovon auch immer reden, so ist das holistische Denken und Handeln für mich als Interim Executive wichtig. Nur so kann ich bei meinem Kunden Leitplanken aufbauen, die von Dauer sind. Und nur so kann ich Positives hinterlassen, das mittelfristig die Position meiner Auftraggeber stärkt und ihre Zukunft sichert.
Verlieren wir den Menschen oder die Umwelt aus den Augen, kann es keine nützlichen, dauerhaften Antworten in der neuen Welt geben. Das gilt übrigens auch für das Insolvenzverfahren. Natürlich geht es kurzfristig um das Überleben, um Liquiditäts- und Kostenmanagement. Ist der Weg Richtung Wachstum dann eingeschlagen, so kann es ohne den holistischen Ansatz keinen Erfolg mehr geben.